Valentina hatte offenbar noch großes vor, ich nahm an auch einen Stellvertreter zu ernennen, nachdem sie aktuell keinen hatte, wer auch immer das sein würde. July wurde bereits von Dienern abgeholt und auch auf Shion kamen welche zu. Ich machte einen Satz vom Autodach herunter und klammerte mich kichernd auf Shions Rücken fest. Na dann auf, auf Haarpracht!

Ich runzelte die Stirn und machte einen Schritt zurück, als Kaito sprach, das ganze erinnerte mich einfach viel zu sehr an unseren Vater und das würde ich ihm auch sagen. Weißt du eigentlich was für Sorgen wir uns gemacht haben? Wie weh es getan hat, als du einfach verschwunden bist? Wir wussten nicht einmal ob du noch lebst, verdammt! Du hast genau den selben Scheiß abgezogen wie Keregi und jetzt willst du dich wieder zusammenraufen? Ich war immer lauter geworden, bis ich Kaito am Ende fast anschrie.

Ayumis Worte ließen mich nicht nur innerlich zusammenzucken, ich hatte ehrlich gesagt auch nicht damit gerechnet, dass man mich hier sofort mit offenen Armen empfangen würde und alles ist wieder gut. „Mir ist schon klar, dass das nicht von jetzt auf gleich geht. Und mir wurde erst später klar, was ich mit meinem … feigen Abhauen bei euch ausgelöst haben musste, aber … da hatte ich zu viel Angst, wiederzukommen. Angst davor, dass ihr mich verstoßen könntet und dass ihr ein glückliches Leben ohne mich führt. Vielleicht sogar, dass ihr mich auch einfach aus euren Erinnerungen gestrichen habt. Ich würde euch keine Vorwürfe machen, schließlich bin ich selbst Schuld, nicht wahr?“ Es war eine rhetorische Frage gewesen, weswegen ich mit in die Hosentaschen gestopften Händen und abgewandten Kopf weitersprach. „Und je mehr ich versucht habe, nicht wie unser Vater zu werden, desto ähnlicher bin ich ihm geworden. Ich wollte nie so sein wie er und dennoch bin ich ganz genau wie er einfach abgehauen, ohne ein Wort zu sagen“, verbittert schnaubte ich und schüttelte über meine eigene Dummheit den Kopf. „Ich kann nichts gegen die Vergangenheit machen, ich kann meine Handlungen nicht rückgängig machen, auch wenn ich es noch so sehr will. Das einzige, was ich machen kann ist, mich für mein Verhalten zu entschuldigen und zu hoffen, dass ihr mir irgendwann vergebt“, hörte ich schließlich leise auf. Mittlerweile stand ich mit dem Rücken zu Ayumi, damit sie nicht die Tränen sah, die in meinen Augen schimmerten. Und ganz vielleicht wird es irgendwann einmal so sein, wie es früher war, dachte ich und legte den Kopf mit geschlossenen Augen in den Nacken.

Ich heilt mir den Kopf und wartete auf Lexs Antwort das es los ging. Ich machte noch weitere Arbeiten was unseren Clan betraf und überlegte wie wir das mit dem Geld machen sollten. Einige Diener bestellte ich zu mir und lies jedem weiter sagen, den Raum der Kelche überwachen sollten und alles was wichtig für uns ist auch dort einzuschließen. Ich grübelte weiter bis ich, wie fast immer am Tisch einschlief.

Ich hatte die Stunden, in welchen der Strom weg gewesen war, auf meinem Bett verbracht und darauf gewartet dass die Wunde endlich verheilte. Auch wenn noch immer eine kleine Narbe zurück blieb, welche mich an meine Vergangenheit erinnern würde, so blutete ich nun nicht mehr und hatte auch keine Schmerzen mehr. Nun zumindest keine körperlichen. Doch seelisch fühlte ich mich zerrissen. Coki fehlte mir, und vor allem auch meine Kinder. Ich hätte sie nicht allein lassen dürfen..doch wenn ich geblieben wäre..hätte er sie getötet.. Ich rollte mich zur Seite, wodurch ich Scarlett wohl von der Bettkante schubste. Das Skelett klapperte mit den Zähnen und stellte sich an die Wand, von wo aus es mich aus seinen dunklen Augenhöhlen anzustarren schien. Ich setzte mich schließlich auf, wobei meine Haare, welche dummerweise immer wieder verdammt schnell wuchsen, mir leicht ins Gesicht fielen. Dann griff ich nach dem Griff der Nachttischschublade und riss diese fast heraus beim Öffnen. Ich holte zwei recht flache, längliche Päckchen hervor. Beide waren mit schwarzem Samt umhüllt. Auf dem einen Stand in silberner Schrift der Name "Eli" auf dem anderen in goldener Schrift "Mash". Unter jedem der Schriftzüge konnte man das Sternzeichen Zwilling erkennen, jeweils in der Farbe des Schriftzuges. Seufzend öffnete ich Eli's Schächtelchen und strich liebevoll über die feingliedrige Kette, welche auf weicher Watte gebetet lag. Ich drehte den Geburtsstein herum. Auf der Plakette der Rückseite war der Name Masch eingraviert, als auch das Sternzeichen Zwilling. Eigentlich hatte ich vor, euch diese Ketten zu eurem 18ten Geburtstag zu schenken..aber vielleicht..kann ich es auch jetzt schon tun.. murmelte ich vor mich hin. Doch würden Eli und Mash mich überhaupt in ihre Nähe lassen, nachdem was geschehen war? Ich würde vorerst mit Valentina sprechen, vielleicht konnte sie mir ja helfen. Immerhin war Keregi nicht mehr da - also war sie nun mein BossBoss. Mit einem erneuten Seufzen schloß ich das Schächtelchen wieder und erhob mich. Beide Schachteln drückte ich einen Moment an meine Brust. Dann zog ich mir eine weiße Jacke über und schob die Schachteln in die Innentasche. Dann machte ich mich auf den Weg zu dem Büro, welches früher Keregi gehörte. Ich war mir sicher dass ich Val dort finden würde. Nervös strich ich mir erst einmal ein paar Strähnen aus dem Gesicht, ehe ich zaghaft anklopfte.

Ich wurde aus meinem einnicken mit einem Klopfen geweckt. Ich richtet mich auf und strich mir die Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich ordnete meine Papaiere auf dem Tisch. „Herein!”, sagte ich deutlich zu Tür. Ich wusste das irgendwer anderer vor der Tür war und kein Diener, den die würden nach dem Klopfen immer sofort eintreten, außer ich hätte es ihnen verboten. Daher arbeite ich weiter und wartet drauf das die Person eintrat.

Ich hatte solche Angst, dass dir etwas schlimmes passiert, ich wollte dich suchen, aber es gab ja keinen Hinweis auf dich. Du hast mich Jahre lang hier alleine gelassen, alleine mit Mum, die genauso sehr unter deinem feigen Abhauen gelitten hat wie ich. Vielleicht hatte ich allerdings doch noch etwas mehr gelitten, immerhin war es mein Zwilling gewesen, der verschwunden war und unsere Mutter hatte ohnehin Schwierigkeiten gehabt mit uns in Kontakt zu kommen. Ich war wütend, aber auch mir stiegen die Tränen in die Augen. Ich hatte mich sehr bemüht einfach nicht mehr an Kaito zu denken, das hatte in meinen Hochphasen auch funktioniert, doch in meinen Tiefs hatte es mich immer und immer wieder eingeholt. Alles was ich in all den Jahren überhaupt wollte war mein Bruder. Und du warst nicht da.

Nach einem tiefen Durchatmen trat ich ein Hallo Bossbo... äh ich meine Val. Verlegen räusperte ich mich. Diese verdammte Angewohnheit! Keregi hätte mir nun vermutlich giftige Blicke zugeworfen, da er ja nicht wollte dass ich ihn BossBoss nenne. Tut mir leid, wenn ich dich gerade störe. Können wir gerade ein wenig reden? So von..von Vater zu Mutter? mehr als nur nervös zupfte ich am Saum der Jacke herum

Ich legten den Papierkram bei Seite und drehte mich mit dem Sessel zu Nekro um. Im Büro stand ein Tisch und ein kleines Sofa wo ich nun Nekro deutete Platzt zu nehmen. „Setzt dich ruhig.”, ich lächelte ihn an und wurde dann etwas ernst besorgt. „Um was geht es den genau?”

Ich biss mir so fest auf die Lippe, dass es blutete, doch ich bemerkte es nicht einmal. „Ich … ich kann nichts weiter machen, als mich zu entschuldigen und zu versprechen, dass ich nicht mehr gehe“, meinte ich leicht hilflos und studierte den Boden. Mein Verhalten war so töricht gewesen. Ich war so dumm. Warum war ich denn damals überhaupt gegangen? Vor allem ohne mit Mutter und Ayumi zu sprechen. Dass ich nichts gesagt hatte war wahrscheinlich deutlich schlimmer, als wenn ich Bescheid gegeben und mich immer gemeldet hätte. Aber ich war so verwirrt und voller Hass auf unseren Vater, dass ich das komplett aus den Augen verloren hatte. Und nun konnte ich tatsächlich nichts anderes machen, als mich entschuldigen und versprechen, dass es nicht wieder vorkam. Ich wusste doch, dass hier meine Familie und mein Zuhause war. Warum also hatte ich das alles einfach so weggeschmissen? Es war einfach nur dumm von mir gewesen.

Ich lächelte unsicher und nahm dann wie angeboten Platz. Es war ein durchaus seltsames Gefühl, da ich sonst Keregi ja immer nur per Sprachnachricht über den Stand meiner Arbeit berichtet hatte und ihn nie in seinem Büro besucht hatte. Es geht um Eli und Mash. Kam ich direkt auf den Punkt zu sprechen, welcher mir in meiner Seele brannte Ich habe versucht wieder Kontakt aufzunehmen zu ihnen, wie du vielleicht mit bekommen hast. Ich atmete durch. Jedoch habe ich einen unverzeihlichen Fehler gemacht und weiß nun nicht, ob sie mich jemals wieder sehen wollen. Kurz legte ich eine Hand auf meine Brust, dort wo ich durch den Stoff meiner Jacke die Päckchen spüren konnte. Auch Coki fehlt mir, sie sollte eigentlich hier im Haus auf mich warten, doch sie ist wieder verschwunden und ich weiß nicht wohin..

Du könntest mir wenigstens dabei in die Augen sehen! Es machte mich wahnsinnig, dass Kaito mir den Rücken zugewandt hatte, dass er nicht einmal den Mut besaß mich anzublicken. Ich überbrückte den kleinen Abstand zwischen uns und packte Kaito, um ihn herumzureißen. Sieh mich an!

Ich ließ mich widerstandslos von meiner Schwester umdrehen. „Was erhoffst du dir in meinen Blick zu finden? Du weißt, dass ich nicht lüge“, meinte ich leise, sah ihr aber wie gewünscht in die Augen. Es war so ziemlich alles an Gefühlen darin zu erkennen. Wut über mein bescheuertes Abhauen. Scham und Reue, weil ich es nicht geschafft hatte, mich zu melden. Liebe, die ich gegenüber meiner Schwester und meiner Mutter empfand und ein ganz kurzes Aufblitzen von Hoffnung, dass sie mich verleiht doch um sich haben wollte und nicht schon abgeschrieben hatte.

Ich hörte ihm aufmerksam zu. „Das mit Coki tut mir sehr leid. Ich weis das sie dir fehlt nach einer gewissen Zeit, aber wird es dir vielleicht irgendwann wieder besser gehen…..such dir einen Job oder einen anderen Job….oder ein Hobby das dich ablenkt.” , versuchte ich ihm einen Rat zu geben.„Ich habe davon bereits gehört, ich war bei Elli und Masch. Und ich sollte wieder mal nach Elli sehen, ich helfe ihr gerade mit ihrer Fähigkeit umzugehen.”, ich machte eine Pause und blinzelte ein paar mal, ehe ich erneut anfing zu reden. „Elli hat ein Trauma erlebt mit ihrer Fähigkeit, die sie erst verarbeiten muss. Es ist nicht einfach für sie im Moment. Ich würde dich, jedoch bitten mir auch deine Version zu erzählen. Wäre das für dich möglich? Also was genau passiert ist, also du zu deinen Kindern gegangen bist.”, sagte ich ihm ruhig.

Wenn ich es dir nicht einmal wert bin, dass du mich ansiehst kannst du gleich wieder verschwinden. Ich versetzte Kaito einen Stoß gegen die Schulter. Ich wollte all diese Gefühle nicht sehen, erkennen, verstehen, ich war selbst wütend und verletzt und ich hatte auch alles Recht dazu mich so zu fühlen.