Mein besorgter Gesichtsausdruck löste sich auf und wurde von einem warmen Lächeln abgelöst. Ich schlang einen Moment meinen Arm um Kaitos Mitte und drückte ihn fester an mich, ehe ich ihn wieder zurück zog um deuten zu können. Du bist kitschig, aber gleichfalls. Gib mir bescheid, wenn du das nächste Mal Zeit hast zwischen deiner Band und deinem neuen Job. Schreib mir übrigens wie es damit läuft, klar? Wir erreichten nun die Vordertür und ich vermisste unseren Körperkontakt in der Sekunde in der er wieder verschwand. Reiß dich zusammen, ist ja nicht so als wäre er für immer vorbei. Ich zog Kaito allerdings noch einmal fest an mich, die Arme um seine Mitte gelegt, ehe ich mich endgültig zurück zog und ihm einen zarten Kuss auf die weiche Wange gab. Mache ich. Pass auf dich auf. Dann riss ich mich los und verließ die Villa, sonst würde ich hier noch ewig stehen und ich hatte doch eigentlich zu tun. Ich joggte los und drehte mich dabei noch einmal um, um Kaito zuzuwinken, ehe ich auch schon verschwunden war.
(Sandy's Wohnung)

Und so geht die Sonne wieder auf. Ich schlang meine Arme um den nun erneut -zum Glück- lächelnden Mann und drückte mich an ihn. Meine Augen verließen ihn oder seine wichtigen Gebärden nie. Ich spürte seine starken Muskeln an meinem schlankeren Körper. Mein Herz hämmerte in meiner Brust und machte hier und da Sprünge. Ich wünschte nur, wir könnten für immer so bleiben. Ich nickte gewissenhaft.
"Ich werde mich melden! Für dich habe ich immer Zeit Sandy! Echt jetzt."
Nachdem ich das gesagt hatte, fühlte ich, wie mein Gesicht wieder wärmer wurde und Blut in meine Wangen schoss. Ich bin wieder zu viel. Glücklicherweise kommentierten weder er noch ich meinen kleinen Ausbruch und ich blieb stehen und sah zu, wie Sandy ging. Ich sah zu, wie sein schönes Gesicht verschwand und seine starken, muskulösen Waden ihn wieder von mir weg trugen. Ich möchte, dass er bleibt, aber alles muss zu seiner Zeit kommen.

Am Montag war ich zu meinem Vorstellungsgespräch gegangen. Ich trug eines meiner üblichen Outfits, ein einfaches Hemd und Jeans mit einer hübschen Jean-Jacke, an der etwas Pelz befestigt war - dieser war selbstverständlich nicht echt. Verdammt. Warum bin ich so verschissen nervös!?

> Shodo Sakurayashiki

Ich setzte mich ins Wohnzimmer und wartete dort mit leicht wippendem Fuß darauf, dass wir aufbrechen konnten. Mein Outfit war komplett in Grüntönen gehalten und weniger freizügig als ich es sonst oft trug. Ich wollte professionell wirken, aber ich trug trotz der schönen Strümpfe keine Schuhe, ich ertrug es einfach nicht welche an den Füßen zu haben, das machte mich wahnsinnig.

Ich suchte Ayumi und nickte ihr dann zu als ich sie fand. „Ayumi wir können gehen die Briefe wurden abgeschickt und wir warten dann dort auf sie.“, ich drehte mich und marschierte Richtung Tür. „Willst du mit dem Auto fahren oder hin laufen oder soll ich dich mitnehmen?“, ich würde hin laufen, da das Wasser mich das meiste Stück tragen würde. Ich blieb bei der Tür stehen und wartete auf eine Antwort von Ayumi.

Alles klar! Ich sprang auf und lief meiner Mutter hinter her zur Türe. Ich war recht aufgeregt, immerhin war das mein erstes Anführertreffen, noch dazu als Stellvertreterin. Ich werde laufen, ich muss mich dringend bewegen. Treffen wir uns dann vor Ort?

„Gerne dann bis gleich.“, ich sauste aus der Villa und sammelte schon Wasser um mich, um auf der nächsten Welle davon zu reiten. Ich genoss es sichtlich mich vom Wasser tragen zu lassen und genoss die Natur um mich.

(Verlassene Festung)

Ich ließ mir nicht übermäßig viel Zeit auf meinem Weg, nahm mir aber ein paar Minuten mehr um die frische Luft des Waldes zu genießen, wie auch das Gefühl vom weichen Boden unter meinen Füßen.
(Verlassene Festung)

Ich landete mit einem Sprung von der Welle vor der Tür und lies das Wasser in einem rauschen zurück in die Bächer, Teiche und sonstige Wassergebiete des Waldes fließen. Langsam betrat ich die Villa wo man mir sofort was zu essen und trinken anbot. Ich nahm dankend ein Stück Kuchen und einen Tee an, den ich mir ins Büro bringen lies. Victorine ist wirklich sehr interessant…. Ich schmunzelte und Schritt Richtung Büro davon. „Falls mich wer brauchen sollte ich bin im Büro.“, sagte ich laut und deutlich so das mich die meisten Diener hören konnten. Sie verneigten sich alle und ich hörte wie im Chor. „Jawohl Valentina-sama.“, zufrieden öffnete ich die Tür und schritt ins Büro.

(Das Büro)

Meine Mutter war, als ich zurück kam, nirgendwo aufzufinden, als ich nachfragte wurde mir gesagt sie sei in ihrem Büro. So wie immer... Kaito war anscheinend auch nicht da, ich hatte das Gefühl ihn im Moemnt immer zu verpassen, dabei wollte ich wirklich mit ihm reden, so lange ich noch ein Hoch hatte. Ich hatte also nichts anderes zu tun, als Victorines Briefumschlag zu öffnen, was ich aber eigentlich sowieso am liebsten tun wollte. Darin befand sich eine weitere Postkarte. Sie war wieder wunderschön und hatte ein Sternenthema. Rasch ließ ich mir die Zeichen auf ihr übersetzen, während sich ein seeliges Lächeln auf meinen Lippen ausbreitete. "Wenn du zwischen den Sternen liegen würdest, wünsche ich mir eine Bruchlandung auf dir." Ich ließ mich auf die nächste Couch fallen und sah einfach nur glücklich die Karte an.

< Shodo Sakurayashiki

Ich hatte mich so unglaublich glücklich gefühlt, den Kalligrafie-Laden nach dieser unfassbaren Umarmung hinter mir zu lassen. Das Gefühl dieser noch immer überraschend sehr starken Arme um mich herum, um auf eine fast sanfte Weise an den älteren Mann gedrückt zu werden. Er hat mich zurück umarmt! Selbst mit seiner scharfen Zunge hatte dieser Typ eine unglaublich beruhigende Präsenz. Ich fühlte dieses warme Gefühl in meiner Brust, ich hatte nicht einmal bemerkt, dass ich vor der Villa stand, so schnell war ich angekommen.
Mit einem Grinsen auf den Lippen steckte ich meine ganze Energie in die Textnachricht an Sandy mit den großartigen Neuigkeiten. Ich möchte einfach alles sofort mit ihm teilen. Ich möchte ihm am Liebsten jetzt gleich alles erzählen. Ist das normal? Bin ich viel zu anhänglich? Das Lächeln auf meinen Lippen wurde erst beim Anblick unseres Textverlaufes breiter, während mich meine Füße ins Wohnzimmer trugen. Ich sah nicht auf, jedoch konnte ich nur ein bisschen Grün aus den Augenwinkeln auf der Couch sehen. Das muss Ayu sein. Warte, Ayu!? Ich sah auf.
"Uh. Hi Ayu."
Mein sorgloses Lächeln verschwand plötzlich von meinen Lippen. Ich steckte mein Handy in meine Hosentasche und sah auf meine Hände. Diese schlang ich langsam um meinen eigenen Oberkörper und zog meine Arme enger um mich. Ich wollte ihr nicht nochmal die Laune verderben. Sie scheint gerade richtig glücklich zu sein. Ich wollte nur, dass sie glücklich war, ohne das ich ihr es ruinieren konnte. Aber ich will mit ihr reden. Ich sollte wenigstens anbieten zu bleiben.
"Ich kann woanders hingehen, wenn du nicht mit mir reden willst. Oder mich sehen."
Ich konnte meine eigene Stimme nicht wirklich erkennen, sie klang zu klein.

Ich war völlig von der Karte in meinen Händen abgelenkt gewesen, so dass ich meinen herein kommenden Bruder erst bemerkte, als er mich ansprach. Kai! Fast etwas erschrocken fuhr ich hoch und starrte ihn an. Ich war es immer noch nicht gewohnt, dass er wieder zurück war, einige Sekunden glaubte ich einen Geist zu sehen, aber dann holte mein Gehirn wieder auf und mein Gesichtsausdruck wurde weicher, unsicherer. Nein! Ich meine, nein, bleib hier. Verlegen sah ich auf meine Knie hinab und legte die schöne Karte auf ihnen ab. Wir müssen reden. Das will ich sagen. Das hatte ich jetzt schon eine Weile vorgehabt, aber entweder hatte ich mich nicht getraut oder meinen Bruder nicht gefunden und dann wieder aufgegeben. Komm schon, reiß dich zusammen. Rede mit ihm.

Ayumi schien noch überraschter und fast schockiert zu sein, als sie bemerkte, dass ich mit ihr im selben Raum war, und ich fühlte mich noch schlechter. Ich fühlte diese Risse in meinem Herzen, zumindest bildete ich mir ein etwas Ähnliches zu spüren - wie scharfe Klauen in meiner Brust. Sie hat sich wahrscheinlich nicht mal gemerkt, dass ich wieder zu Hause bin. Ich schlang meine Arme lieber noch enger um meinen Oberkörper und nickte dann schnell. Ich möchte eigentlich nicht reden. Ich habe Angst davor was sie sagen will. Oder ich bin einfach nur ein Arschloch. Aber sie hat Recht - wir müssen reden.
"Ok. Cool. Total. Total richtig. Sollten wir."
Ich wich nur zurück, bis meine Knie einen Stuhl berührten, und ließ meinen Hintern kurzerhand auf die Sitzfläche fallen. Ist das eine Postkarte?
"Die Karte ist wirklich hübsch. Woher hast du sie?"
Endlich sah ich zu Ayumi auf. Sie kann mich nicht mal ansehen. Wundert es mich? Eigentlich nicht. Ich fühlte dieses enge Gefühl, als würde mir jemand die Kehle zudrücken, und ich versuchte mich nur daran zu erinnern, was Sandy mir über sie gesagt hatte. Wenigstens war er für sie da gewesen wenn ich es nicht getan hatte. Sie liebt mich immer noch. Ich nahm einen tiefen Atemzug. Nicht heulen! Ich bin ein Mann, verdammt.
"Schau, bevor du etwas Anderes sagst, ich- ich möchte mich nur nochmal entschuldigen. Auch wenn du es wahrscheinlich nicht hören willst. Es tut mir sehr leid. Es tut mir unendlich leid, echt jetzt! Ich kann die meiste Zeit an nichts anderes denken, als dass es mir leid tut und dass ich alles vermasselt habe."

Ich richtete die perfekt gerade auf meinen Beinen liegende Karte ein paar mal neu aus, einfach um etwas mit meinen Händen zu tun zu haben und sie nicht wie wild durch die Luft fliegen zu lassen. jetzt komm schon, es ist nur Kaito. Trotz allem was passiert ist, ist er immer noch der Selbe. Hoffe ich. Ja, nicht wahr? Sie ist von der Frau mit der ich gerade ausgehe. Beim Gedanken an Victorine wurde mein Blick ganz weich, doch dann wollte ich schon den Mund öffnen um zu sprechen, ohne wirklich zu wissen was ich sagen sollte, als Kaito das auch schon übernahm und begann sich mehrfach zu entschuldigen. Kai? Halt die Klappe, ja? Ich musste mich etwas dazu zwingen, doch ich hob schließlich endlich den Blick und sah meinen Bruder an. Richtig an. Er war größer geworden, seine Schultern breiter, seine Haare länger, aber er war immer noch der selbe Junge, den ich vor fünf Jahren zuletzt gesehen hatte. Die selbe Haarfarbe, die selben verschiedenen Augen, die selbe Art völlig durcheinander zu reden. Ich weiß, dass es dir leid tut. Ich hab jetzt eine Weile darüber nachgedacht was passiert ist und jetzt bin ich mal dran mich zu entschuldigen. Ich hab dich vermisst Kai, all die Jahre lang in denen du weg warst. Ich hab um dich getrauert und ich war wütend auf dich, aber allem voran wollte ich, dass du zurück kommst. Und jetzt bist du da und ich behandle dich wie einen Fremden, das tut mir unsagbar leid. Das will ich nicht, ich will nur meinen Bruder zurück. Ich glaube nicht, dass wir unsere Familie kitten können, wie Mum sich das vorstellt, aber ich möchte nicht bei uns beiden genau so aufgeben.

Ich musste mir fest auf die Zunge beißen, damit ich nicht einfach fragte, mit wem sie ausging. Ich war selbstverständlich neugierig, wer diese mysteriöse Frau war und warum sie meiner Zwillingsschwester so eine schöne, fast alt aussehende Postkarte geschenkt hatte, aber ich wusste nicht wirklich, dass ich das Recht dazu hatte. Hauptsache, sie macht sie glücklich. Wir hatten nie über Auszugehen gesprochen, ich erinnerte mich nur flüchtig daran, dass diese enge Freundin Mia gehabt zu haben und das Ayumi sie nicht sehr gemocht hatte, aber das war es auch schon.
"Ayu..."
Klappe wird gehalten. Ich versuchte wirklich, meinen Blick nicht zu senken und ihren zu erwidern. Und zu zuhören.
"Ich weiß, dass ich dich beschuldigt habe, mich verlassen zu haben, als du ins Internat gegangen bist. Und dann bin ich gegangen und habe etwas noch Schlimmeres getan als das. Du wusstest nicht einmal, wo ich war. Aber ich habe dich auch vermisst. Sehr. Jeden Tag habe ich an dich gedacht. Ich sage das nicht, damit du mir vergibst."
Es war schon immer da gewesen, dieses überwältigende Gefühl, dass ich einfach wollte, dass alle glücklich waren. Ich wollte die perfekte Familie mit der perfekten Zwillingsschwester und der perfekten Mutter und natürlich dem perfekten Vater. Scheiß auf dich, du Stück Scheiße, dass du dich jemals mein oder Ayumis Vater genannt hast. Ich hatte es so lange zusammengehalten, nur um in nichts als Scherben aufzuwachen.
"Du solltest dich nicht bei mir entschuldigen müssen."
Ich konnte kaum sprechen mit dem großen Kloß in meinem Hals. Meine Augen brannten.
"Ich will nur meine Schwester zurück haben."

Und ich war sauer, weil du böse auf mich warst. Ich zog einen Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln hoch. Damals waren wir nichts als Kinder gewesen. Ich war wieder gekommen in der Hoffnung, dass sich alles wieder geregelt hatte, nur um zu erkennen, dass alles nur schlimmer geworden war. Aber eigentlich... was waren wir jetzt, wenn nicht einfach zu groß geratene Kinder, die nicht wussten wie sie mit einander umgehen sollten? Dann reicht es aber auch mit den Entschuldigungen von dir. Kaitos Rückkehr hatte einen schweren Schock bei mir ausgelöst, er hatte mich in ein lang anhaltendes Tief geworfen und ich war schließlich auch wütend auf Kaito gewesen, aber ich war es eigentlich nur leid so zu empfinden. Ich wollte keine Entschuldigungen mehr, ich wollte nun Taten sehen und selbst auch welche durchführen. Ich legte die Postkarte zur Seite und stand auf. Kai? Krieg ich eine Umarmung? Meine Stimme war wesentlich unsicherer als es mir lieb war, aber es war einfach so komisch meinen eigenen Zwilling so etwas zu fragen, doch es schien nötig zu sein.