Meine Augen zuckten von meinem Blatt zu Masch und wieder zurück, ich war nicht gerade jemand, der über seine Gefühle aus dem Nähtäschchen plauderte, ich war mir auch gar nicht sicher, ob ich überhaupt noch etwas sagen sollte oder noch etwas sagen konnte. Trotzdem, es störte mich, dass Masch offenbar wirklich der Meinung war, dass etwas falsch mit ihm war, dass es bei ihm nicht okay gewesen war, obwohl es bei allen anderen okay sein müsste. Ich runzelte die Stirn und zog die Augenbrauen zusammen, während ich kurz gar nichts sagte, bevor ich dann endlich dazu ansetzte, Es wäre bei dir auch okay. Ausgerechnet du musst dir keine Sorgen machen, ob es bei dir "toll aussehen" würde. Ich war mir nicht sicher, ob man mein verstecktes Kompliment überhaupt heraushören konnte, ich war es nicht unbedingt gewohnt welche zu machen, aber ich sagte immer nur die reine Wahrheit und wie zuvor, war ich mir ziemlich sicher, Masch konnte ein Kleid problemlos tragen. Nicht nur, weil er eine schmale, kleine Figur hatte, sondern auch weil es ihn glücklich machen würde. Oder glücklich gemacht hätte, wären diese Idioten in seiner Umgebung nicht gewesen. Masch war, offenbar laut eigenen Worten, früher ein wahrer Sonnenschein gewesen, ich konnte gar nicht anders, als kurz daran zu denken, dass man es auch immer noch sehen konnte, ich verspürte aber dennoch beinahe schon den Wunsch, das wieder sehen zu können. Getroffen und versenkt., stellte ich schließlich etwas erstaunt fest, er hatte wieder einen absoluten Glückstreffer erzielt, Ich habe mir früher gedacht, ich wäre lieber verhungert, als in ein Waisenhaus gesteckt zu werden. Mit meinem nächsten Tipp, D10, lag ich falsch, also versuchte ich eine andere Koordinate in der Nähe, denn hier musste noch der Rest seines Schiffes liegen. Ich selbst hatte nur ein einziges übrig, mein Kreuzer, von A3-C3. G10.

Erst einmal würde ich das Thema fallen lassen, aber ich behielt meine Meinung dazu, ich glaubte nicht, dass sich ausgerechnet Masch darüber Sorgen machen musste, aber ich glaubte auch nicht, dass überhaupt irgendjemand sich Sorgen darum machen musste. Man musste nicht hübsch auf andere wirken, um akzeptiert werden zu dürfen. Ich kannte das Gefühl nur zu gut, aber ich lehnte ab es auch nur anzuerkennen, dass andere für so etwas simples wie Kleidung einen anderen Menschen verachteten. Allerdings brachte er auch schon das nächste Thema auf, das mich doch wirklich richtig die Stirn runzeln ließ, denn es musste entweder bedeuten, dass er sich von ihr abgewandt hatte oder sie sich von ihm. Vielleicht auch beides. Trotzdem, wie konnte ein Fremder mehr wissen als die eigene Schwester? Getroffen. Ich habe keine Geschwister... oder andere Familie mehr oder überhaupt Freunde wirklich. Du weißt mehr über mich als jeder andere., gab ich also offen und ehrlich zu, wo wir schon beim Thema waren, ich hatte kein Problem damit, die meisten Leute konnte ich sowieso nicht ausstehen. Ein paar meiner nächsten Rateversuche gingen daneben, Masch hatte nur noch zwei kleinere Schiffe die schwerer zu treffen waren, bevor ich es mit rechts oben versuchte, B10.

Selbst wusste ich auch nicht genau was es war, aber Masch hatte mich an etwas erinnert, etwas, das ich vor sehr, sehr langer Zeit beinahe schon über mich vergessen hatte. Ich war ein ruppiger Mann, extrem unfreundlich, aber ich mochte es dennoch andere zu beschützen, vor allem, wenn ich es als notwendig erachtete. Aber Masch hatte etwas anderes in mir ausgelöst, das Ausmaß war mir selbst nicht ganz bekannt, aber ich hatte ihn so geduldig und freundlich behandelt wie schon lange niemanden mehr und jede Faser in meinem Körper sträubte sich dagegen das auch nur ansatzweise zu ändern. Mein Blick verdüsterte sich ganz leicht, als ich das über den falschen Kindheitsfreund hörte, aber leider war es eine sehr typische Geschichte. Getroffen., meinte ich, Ich habe mir meine zwei Fleshtunnel stechen lassen, als ich noch deutlich jünger war und begonnen hatte als Türsteher zu arbeiten. Ich sah Masch kurz leicht amüsiert an, denn langsam wurde es ziemlich klar, dass Masch dieses Spiel gewinnen würde, denn er hatte noch ein Schiff mehr als ich, dessen Position ich erst herausfinden musste, während ich zuerst noch dieses versenken musste. Nach dem blieb noch ein einziges Feld. C10.

Zu seiner Aussage nickte ich zögerlich, ich war mir nicht sicher, ob ich das nun als gute oder schlechte Sache auffassen sollte, besonders nach den Sachen, die er mir über sein Leben bisher erzählt hatte. Besonders die Sache mit seiner Zwillingsschwester fand ich bedenklich, aber ich behielt meinen Teil für mich, wie ich es so oft tat, wenn ich niemanden beleidigen wollte. Nichts sagen war da manchmal aber auch einmal die einzige Option. Ich lächelte tatsächlich kurz, in einem winzigen Augenblick, während ich das letzte Kreuz setzte, denn Masch hatte somit mein letztes Schiff versenkt und gewonnen. Getroffen und versenkt., meinte ich und zögerte dann einen Moment, bevor ich als letzten Fakt über mich etwas wählte, dessen Auswirkung ich mir jetzt noch selbst nicht bewusst war. Aber selbst, wenn Masch nach diesem Spiel nachhause wollte, so würde ich ihn nicht verlassen. Ich wollte mir genau ansehen vor was es ihn zu beschützen galt. Glückwunsch, du hast gewonnen., sprach ich also und fügte dann in einem sehr sachlichen Ton, wie bei den meisten anderen Fakten vorher hinzu, Ich werde an deiner Seite bleiben.

Masch's Augen waren von Natur aus riesig, zumindest wirkten sie so auf mich, der Effekt wurde durch seine gleichfarbigen Haare nur verstärkt, aber gerade hatte ich wirklich das Gefühl in die riesigen Augen eines neugeborenen Welpen zu starren, als er zu mir sah. Ich lebte wirklich sehr hedonistisch, wenn ich etwas nicht tun wollte, dann tat ich es nicht, aber ich... wollte an Masch's Seite bleiben. Noch war mir nicht klar wie lange, aber ich hatte meine Entscheidung bereits gefällt. Er wirkte, als könnte er jemand gebrachen, der auf ihn aufpasste. Wie du gesagt hast, ich weiß mehr über dein Leben der letzten Monate als deine eigene Schwester. Ich kann nicht riskieren, dass du mit einem anderen zufälligen Fremden nach Hause gehst, oder?, warf ich ein und musterte ihn einmal genau. Ich knöpfte meine Anzugsjacke wieder zu, während ich das Blatt Papier zurück in den Block schob, ich würde es mir behalten. Immerhin war es doch ein eindrucksvolles Ereignis gewesen, Masch zu retten, ihn auf meinem Schoß schlafen zu lassen, für ihn zu kochen, ihm meine Kleidung zu leihen und nun ein altes Spiel mit ihm zu spielen. Wer weiß, was ein anderer an meiner Stelle gemacht hätte, es stellte mir alleine beim Gedanken meine extrem kurzen Nackenhaare auf. Außerdem habe ich-, ich brauchte kurz um mich an den Namen zu erinnern, -Sandy gesagt, ich würde auf dich aufpassen.

Den Block hatte ich wieder weggeräumt, bevor ich mich drehte, um nun neben Masch an die Couch gelehnt zu sitzen. Ich hatte meine Beine ausgestreckt und ließ einen kleinen Spalt zwischen uns übrig, während ich ihn nun von der Seite ansah. Er schien ein bisschen überfordert bei dem Gedanken, also überlegte ich mir, wie ich ihm am besten klarmachen konnte, dass er keine Belastung für mich war, oder eine Belastung für jemand anderen sein sollte, aber ich beschloss rein für mich zu sprechen. Ich tat es, weil ich es wollte, nicht, weil ich mich dazu verpflichtet fühlte. Ich habe dir gesagt, dass ich das gerne mache. Leute beschützen., erinnerte ich ihn an meine eigenen Worte, Also belastest du mich nicht. Ich zögerte einen Moment, bevor ich mit den Schultern zuckte und nach vorne sah. Sieh es so, ich möchte es als Gegenleistung dafür, dass ich dir geholfen habe.

Masch schien es tatsächlich zu akzeptieren, was ich gesagt hatte, allerdings war ich auch selbst erleichtert darüber, ihm folgen zu müssen, ohne von ihm bemerkt zu werden, wäre äußerst mühselig geworden, vor allem, nachdem ich nicht gerade der unauffälligste Typ auf dieser Welt war. Ich nickte ihm zu, bevor ich wiederholte, Du belastest mich nicht. Wenn man der kleinen LED an meinem Flachbildfernseher glauben konnte, dann gab es auch noch immer keinen Strom und wow, das nervte mich wirklich. Es waren inzwischen doch schon einige Stunden vergangen, ich wüsste nur zu gerne, wer das zu verschulden hatte, um ihm dann langsam den Hals umzudrehen. Langsam und genüsslich. Wenigstens saß Masch neben mir, in eine Decke eingewickelt und herzallerliebst, ein anderes Wort konnte man wohl kaum für ihn verwenden. Inzwischen hatte ich ein deutlich besseres Verständnis, was in seinem Kopf vorging, es war tatsächlich etwas, das ich nachvollziehen konnte. Diese... Arschkriecher von gestern, waren sie auch in die Drogen involviert?