Nun, zwei Nudeln waren schon einmal besser als keine und immerhin waren es Spaghetti, die relativ lang waren, zusammen mit der Sauce, würde ich ihm das einfach durchgehen lassen. Ich nahm selbst nun einen Bissen, ich war tatsächlich wieder sehr zufrieden mit meinem Ergebnis, trotz der nicht ganz idealen Bedingungen schmeckte es eigentlich genauso gut wie sonst. Bescheiden war ich nicht, also konnte ich mich auch ruhig selbst loben, ich war ein ganz ausgezeichneter Koch in meinen Augen, jedenfalls wusste ich, dass ich mich bis jetzt noch nicht beschweren hätte können und Masch sah wirklich aus, als könnte er das Essen dringend brauchen. Neunzehn, ich bin neunzehn., antwortete ich ihm schließlich auf seine Frage, als er dann begonnen hatte zu kauen, höchst zufrieden mit mir selbst, dass er nun tatsächlich etwas aß, Und? Ich sah ihn an, um herauszufinden zu versuchen, wie sein erster Bissen gewesen war. Ich beobachtete ihn genau, denn ich wollte wissen, wie es ihm ging, es war wirklich schwierig, ich wusste nicht ganz, was mit ihm los war, aber ich bezweifelte auch, dass es ratsam war einfach nachzufragen. Ich hatte ihn deswegen gestern auch einfach weinen lassen, um ihm einfach nur leise zur Seite zu stehen. Ich hasste nervige Wesen, egal welcher Art, Tiere hingegen mochte ich, aber... Masch, er war nicht nervig. Ganz im Gegenteil, er löste etwas in mir aus, das mich an etwas erinnerte, aber ich wusste nicht genau was.

Nun, zugegeben, ich hatte früh erwachsen werden müssen bei einem Leben auf der Straße und es schadete als Türsteher nie genug Muskeln zu haben. Momentan war ich nicht zu faul mich zu rasieren, also trug ich keinen Bart, was mich wohl doch noch ein wenig jünger wirken ließ als mein Auftreten es vielleicht ansonsten zeigte. Auf der Straße hatte ich mich sehr durchschlagen müssen, mit Worten sowie mit richtigen Schlägen, allerdings wirkte Masch nicht unbedingt wie jemand, der auf der Straße lebte. Das hatte ich zwar früher auch nicht, ich hatte mich immer bemüht nicht heruntergekommen gekleidet zu sein, aber ich hatte das Gefühl, dass bei Masch etwas anderes los war. Ich würde schon noch herausfinden, was es war. Ich nickte also und beobachtete dann zufrieden, wie er noch eine Gabel sich in den Mund steckte. Immerhin., dachte ich und nahm dann selbst noch einen Bissen, ich nahm deutlich größere als Masch, allerdings war das wohl kaum erstaunlich. Ich kann dir später das Bad zeigen., kam ich schließlich darauf zu sprechen, Ich bezweifle, dass dir meine Kleidung passt, aber im Notfall finden wir etwas. Ich trug noch immer dasselbe Hemd von gestern, ich hatte keine Probleme damit, allerdings sollte ich es vermutlich schon irgendwann tauschen, immerhin waren noch immer einige Spuren daran, es war zwischendrin durch Masch's Tränen auch etwas nass geworden. Diesen Anblick, wie er weinte, der war wirklich nicht so einfach zu vergessen, er hatte still geweint, als wollte er seinen Schmerz vor der Welt verbergen, ich konnte mich erinnern, dass es mir nach dem Tod meiner Eltern so gegangen war. Es war allerdings schon lange her, dass ich so geweint hatte.

Nun, zwei weitere Gabeln von meiner Seite und ich war ebenfalls fertig, allerdings war mein Teller auch leer. Ich kümmerte mich darum die Teller abzuservieren und tat den Rest der Nudeln, die sich noch auf Masch's Teller befunden hatten in ein Tupperware, denn ja, so etwas besaß ich, auch wenn man es mir vermutlich nicht ansehen konnte. Nachdem ich mich dazu entschieden hatte den Abwasch per Hand zu erledigen, wenn wir schon keinen Strom hatten, sah allerdings erstaunt auf, als ich hörte, was Masch zu sagen hatte. Ein leises Brummen ertönte von meiner Seite, definitiv ein leises Lachen, wenn man genau hinhörte, während ich das Wasser anschaltete und dabei zu ihm sah. Du könntest es sicherlich tragen., entgegnete ich, ich ließ den Satz absichtlich so stehen, denn er konnte durchaus mehrere Sachen bedeuten, sowohl, dass er ein Kleid tragen konnte, ich sah da nichts falsches daran, als auch, dass es ihm stehen würde. Und ich war mir ziemlich sicher, das würde es, auch wenn ich mir gut vorstellen konnte, dass Masch so jemand war, der alles tragen konnte. Ich blieb bei mir lieber bei Anzügen und anderen schönen Hemden. Ich machte mich daran den Abwasch zu machen, bevor ich meine Hände noch wusch und meine Ärmel wieder nach unten krempelte. Ich stellte mich neben Masch und lehnte einen Arm auf den Esstisch mit etwas Abstand neben ihn. Ich dachte mir schon, dass du das kannst.

Es war wirklich so, als würde ich dauerhaft von einem süßen, kleinen Babykaninchen angestarrt werden, wenn ich in seine nahezu unglaublich blauen Augen sah, die zu mir hochsahen. Wie auch immer unser goldenes Trio von gestern es geschafft hatte, Masch in die Augen zu sehen und nicht etwas zu sehen, das sie beschützen mussten, war mir ein Rätsel. Aber eigentlich verachtete ich sie dafür nur noch mehr, dass sie ihn angesehen hatte und ihm trotzdem wehtun hatten wollen, im Namen eines Mannes, der nicht einmal Mann genug gewesen war, um selbst anwesend zu sein. Dieses Bedürfnis, auf ihn aufzupassen, war einfach zu stark, alles an ihm löste diesen Reflex in mir aus. Von dem großen Augen, zu der blassen Haut, seiner schmalen Statur und seiner Art, als müsste er sich kleiner machen, verstecken, um bloß nicht aufzufallen. Andere zum lachen bringen., antwortete ich auf seine Frage, mein Blick lag aufmerksam auf ihm.

Die zuvor leicht rosa angehauchten, blassen Wangen schienen nun nahezu aufzublühen, in einem süßen rot, das wirklich unwiderstehlich war. Masch wandte viel zu schnell seinen Blick ab, es war eine Schande, aber es war in Ordnung, ich verspürte doch ein ziemlich stolzes Gefühl, dass ich das ausgelöst hatte. Es scheint noch immer ganz gut zu klappen., sagte ich dazu sehr pragmatisch, immerhin hatte er als Beweis mich auch gerade zum Lachen gebracht und das war auch nicht besonders einfach. In Masch's Nähe musste ich allerdings aufpassen, ich konnte meinen Blick kaum abwenden, seitdem ich ihn gestern gefunden hatte, es war, als wäre es Schicksal gewesen, dass wir uns über den Weg gelaufen waren. Oder ein großer Zufall, an was auch immer man glauben mochte. Er hatte seine Tasse Tee nun ganz geleert, ich nickte zufrieden, immerhin ein bisschen was für seinen dünnen, schmalen Körper. Ich zeige dir das Bad, in Ordnung? Es würde ihm sicher nicht schaden und wenn er nur sein Gesicht waschen wollte, immerhin hatte ich nicht gerade ein Taschentuch zur Verfügung gehabt, als er sich bei mir ausgeweint hatte, aber er durfte mein Bad gerne so lange blockieren, wie er wollte.

Er hatte immerhin mich zum lachen gebracht und das zählte in meinen Augen schon ziemlich viel, denn die meisten Leute schafften es nur mich anzupissen. Das dafür ziemlich einfach, Masch hatte es allerdings bisher erfolgreich umgangen, ich war schon beeindruckt, zugegeben. Ich nickte ihm zu, er wirkte noch immer sehr wehrlos, aber immerhin sprach er inzwischen, das war beruhigend, ich kannte ihn nicht gut genug um einschätzen zu können, was ihm widerfahren war, das meiste hatte ich noch von unserem goldenen Trio erfahren. "Dylan vermisst dich, wusstest du das? Er hätte dich gerne wieder unter seinen Kunden. Dich und dein süßes Gesicht, wie er sagt." Ich fragte mich, was für Kunden gemeint gewesen waren, aber ich bezweifelte, dass es sich dabei um kein zwielichtiges Geschäft handelte, dafür hatte ich schon mehr als genug mit Leuten dergleichen Kontakt gehabt. Komm mit., sagte ich also und führte ihn zu meinem Bad, das sich direkt neben dem Eingang befand. Es war mit schwarzen Fließen ausgelegt, sehr modern, mit Waschbecken, Toilette, Dusche und separater Badewanne. Ein Bonsai-Baum stand direkt neben dem Waschbecken und darunter eine Ablage für mehrere Handtücher verschiedener Größen. Vor Badewanne und Dusche waren jeweils eine Bambusmatte ausgelegt. Hier., meinte ich und legte Masch Waschlappen und jeweils zwei Handtücher, ein größeres und ein kleineres, hin, Ich würde mir zumindest mein Gesicht waschen, wenn ich du wäre. Es klang zu meiner eigenen Überraschung gar nicht so hart, wie es vielleicht sonst herausgekommen wäre, es war nur die Wahrheit, allerdings sagte ich es ohne jede Schärfe, wie ich es wohl bei jedem anderen gesagt hätte. Jeden andere hätte ich allerdings auch nicht hierher geschleppt.

Einen Moment zögerte ich, während ich Masch dabei zusah, wie er vorsichtig in den Spiegel sah, er sah für mich nicht schlimm aus, ganz im Gegenteil, es war mehr wie eine Fensterscheibe nach dem Regen, natürlich, man konnte nicht alles erkennen, aber trotzdem konnte sein Gesicht nicht lügen. Er mochte tiefe Augenringe haben, blass sein und noch deutliche Tränenspuren im Gesicht haben, aber nichts täuschte darüber hinweg, was er sein konnte. Ich hatte schon schlimmere Abstürze auf der Straße gesehen, aber nichts dergleichen schreckte mich ab, schon gar nicht von jemandem wie Masch. Jemandem, der wahnsinnig genug war mit einem Fremden mitzukommen, auf den man doch wirklich aufpassen musste. Ich zögerte nicht lange, bevor ich ihm noch schnell etwas Kleidung hinlegte, falls er etwas tauschen wollte, ich war mir ziemlich sicher, dass er in keine meiner Hosen passen würde, aber stattdessen legte ich ihm einen dunkelblauen Pullover und ein weißes T-Shirt von mir hin, nur falls er es haben wollte. Nimm dir Zeit. Du kannst alles verwenden, das du möchtest., sagte ich und legte ihm ganz kurz eine Hand auf seine Schulter, nachdem er meine Jacke ausgezogen hatte, bevor ich das Bad verließ, ich hatte mir selbst ein Handtuch mitgenommen, ich würde eine Katzenwäsche draußen am Waschbecken in der Küche machen, das reichte auch erstmal vollkommen, das Blut von meinen Händen hatte ich ja schon abgewaschen und ich war vor meiner Schicht duschen gewesen, nur neue Kleidung sollte ich mir wohl anziehen.