Und doch tust du es jedes Mal, wenn wir reden. Es war nun einmal eine Tatsache, eine, über die ich auch nicht herumreden würde. Masch rollte sich zusammen, ich hatte das Gefühl, dass das wahrscheinlich wieder die letzte Chance war, bei der ich etwas sagen konnte, bevor es wieder schwierig wurde überhaupt mit ihm zu sprechen. Er war nicht lange aufnahmefähig, das war mir auch bewusst, schon gar nicht für solche Themen. Ich möchte, dass du mir zuhörst, Masch, nur zuhörst, was ich zu sagen habe, nicht, was du denkst, was ich sagen will., sagte ich also, Ich möchte bei dir bleiben und dich beschützen. Egal was es kostet.

Wenn ich zu direkt war, begann er sich immer zu entschuldigen, wenn ich versuchte es sanfter anzugehen, schien er mir nicht zuzuhören zu können. Ich machte ihm keinen Vorwurf, aber ich wusste auch nicht was ich noch versuchen sollte. Wäre ich nicht jemand, der jahrelang kaum Gefühle mehr gezeigt hatte, wäre das vermutlich ein Grund gewesen einfach weinend zusammenzubrechen. Ich hatte kein großes Support-System, das ich Masch einfach bieten konnte, ich hatte nicht einmal wirklich Freunde, ich hatte sie auch einfach nicht gebraucht oder gewollt. Ich möchte dir auch helfen. Ich weiß nur offensichtlich einfach nicht wie., sagte ich ernst, todesernst, wenn man diesen wirklich geschmacklosen Witz machen wollte, ich war auf jeden Fall zynisch genug dafür, und mein Körper spannte sich sofort an. Ich hatte es nicht zugeben wollen, aber ich wusste nicht mehr weiter. Ich wusste nur das, was ich bisher getan hatte, es war vermutlich genug um Masch weiter über Wasser zu halten, aber es war immer viel zu knapp, besonders an Tagen wie heute. Ich hasste es, dass sich Masch so fühlen musste.

Kommentarlos legte ich vorsichtig eine Hand auf Masch's Rücken, als er sich an mich drückte, um ihn zu stützen ohne ihn festzuhalten, auch wenn ich langsam das Gefühl bekam irgendwann würde ich noch Migräne bekommen, wenn Masch sich noch einmal entschuldigte. Trotzdem, ich hatte es ihm schon viel zu oft gesagt, dass ich weder seine Entschuldigungen noch seinen Dank wollte, ich musste damit klarkommen und es eben hinnehmen, es gehörte wohl einfach zu Masch wie der gesamte Rest, ich konnte es ihm nicht ausreden. Es reicht aber nicht, Masch., sagte ich vollkommen ernst, Ich möchte dir alles geben, wovon du jemals geträumt hast. Aber das kann ich nicht, schon gar nicht alleine. Es war sowieso nicht realistisch, aber das war das Gefühl, das ich Masch entgegenbrachte, es war sowieso das einzige fast was mich tagein tagaus beschäftigte. Ich wusste auch, dass da mehr war, aber das würde ich ihm sicherlich niemals zeigen, er machte sich so schon zu viele Gedanken, wie er dachte, dass ich ihn sah, dann musste er sich nicht mit meinen wirklichen Gedanken auch noch herumschlagen.

Ich sagte nichts mehr dazu, stattdessen hielt ich Masch einfach nur in den Armen, es war wohl klar, dass ich in nächster Zeit nicht dazu kommen würde zu frühstücken, Masch war schon wieder müde und ich wollte ihn nicht loslassen, also hielt ich ihn einfach in meinen Armen, er würde wieder einschlafen, das wusste ich genau. Es mochte die Wahrheit sein, was er gesagt hatte, aber es war nichts positives, jedenfalls nicht in meinen Augen.

Ruhig blieb ich einfach liegen, ich war nicht müde, nicht wirklich jedenfalls, selbst wenn es eine lange Nacht gewesen war, aber ich hielt Masch in meinem Arm. Es war dann später Zeit mich etwas über Antidepressiva zu informieren. Ich wollte einfach alles richtig machen, wenn es um Masch ging.

Als erstes hatte ich Sandy angerufen, wie immer hatte ich mich sehr kurz gehalten, ich fand Begrüßungs- und Verabschiedungsfloskeln mehr als nur optional, genau zu Beginn einer seiner Wachphasen, war direkt ins Thema eingestiegen und hatte mir so zumindest seine Hilfe zugesichert. Viel mehr Personen hatte ich auch nicht gewusst, die restliche Familie war immerhin keine Option. Ich fragte mich, ob sein Vater überhaupt noch in der Stadt war, oder ob er genauso gegangen war wie seine tolle Zwillingsschwester. Ich hatte Masch auch vorsichtig an Informationen herangeführt, die ihn interessieren könnten, ich hatte mich noch nie so intensiv mit Medikamenten auseinandergesetzt wie in diesem Fall, jedenfalls wusste ich jetzt jeden noch so kleinen biologischen Prozess, den Antidepressiva auslösen konnten. Aber wenigstens hatte er begonnen sie zu nehmen, ich passte genau auf, das er so viel nahm wie er sollte und es nicht vergaß, ich hatte sogar eigene Handywecker mit speziellen Ton dafür, ansonsten gab es für mich nicht viel neben meiner Arbeit und Marlo. Gerade war ich mit Marlo joggen gewesen und nachhause gekommen, es hatte leicht geregnet, also war ich im Bad noch duschen gewesen, hatte dort Marlo auch gleich abgetrocknet und kam nun wieder ins Wohnzimmer, gekleidet in ein schwarzes Hemd und eine schöne schwarze Hose, ansonsten nur schwarze Socken. Ich sah bei Masch über die Schulter, denn der Ausgang des Bades befand sich immerhin direkt hinter der Couch. Hübsch., kommentierte ich also, während Marlo bereits wieder fröhlich und trocken durch die Wohnung lief, erst einmal zu seinem Wassernapf, wo er sich gütig tat. Vielleicht hatte ich die Modekataloge ganz zufällig liegen gelassen anstatt sie wegzuwerfen, ich erinnerte mich noch zu gut an unser erstes Gespräch und was er mir über sich und die Kleidung seiner Schwester erzählt hatte.

Es tat mir beinahe leid ihn so erschreckt zu haben, als Masch zu mir hochsah und ich wanderte um die Couch herum, um mich vor ihr und somit vor Masch auf den Couchtisch zu setzen, ein Fuß auf meinem Knie abgestützt, den anderen sicher am Boden. Ich versuchte es die Situation ein wenig mit Humor aufzuschlüsseln. Ich würde es eher nicht tragen. Ich bezweifle, dass sie meine Größe überhaupt hätten., sagte ich und kurz hob sich tatsächlich mein Mundwinkel zu einer Art schiefen Grinsen. Frauenkleidung war nämlich eindeutig nicht für meine Maße gedacht, jedenfalls nicht für die normale. Ganz davon abgesehen, dass ich mich in meinem Kleidungsstil sehr wohlfühlte, er war maskulin und elegant, ich interessierte mich durchaus für schöne Bekleidung und Mode, aber ich hatte da eben meinen genauen eigenen Geschmack. Aber jemandem wie dir würde so etwas sicher passen., sagte ich weiters ganz nonchalant und zuckte mit den Schultern, um die Unterhaltung etwas unterschwellig zu gestalten, ich wollte Masch immerhin nichts aufzwingen.

Wer hat dir das denn gesagt?, fragte ich vorsichtig, während ich das Sommerkleid musterte, das sich auf der Zeitschrift befand, auch wenn Masch gerade die Ecken des Magazins zu knicken begann. Es interessierte mich wirklich, das letzte Mal bei unserem Kennenlernspiel, oder eher Ablenkungsspiel, bei unserer allerersten Begegnung, hatte er mir nur eher eine schwammige Antwort gegeben, nachdem ich ihm von Lady S. erzählt hatte. Ich musterte Masch kurz nachdenklich, denn ich war mir nicht sicher, ob ich so etwas sagen sollte, es war ungewohnt für mich so etwas überhaupt zu überdenken, aber ich entschloss mich dann doch es trotzdem zu sagen, Masch, ich glaube du wärst wunderschön in diesem Kleid.