Das war auch meine Vermutung gewesen, ich konnte es ihm auch nicht übel nehmen, dass er sich Sorgen machte, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass er da wohl auch der einzige in ihrer "tollen" Familie war, Eli hatte sich zwar bei mir gemeldet, aber ich hatte sonst keine Rückmeldung mehr erhalten, also bezweifelte ich, dass es sie so dringend interessierte, wie sie tat. Ich hatte für Masch extra einen anderen Nachrichtenton, damit ich auch ja keinen Anruf oder keine Nachricht von ihm verpasste, alleine nur um sicherzusehen, aber ich hatte mein Handy eigentlich sowieso immer bei mir. Was die Sache mit dem Mörder anging, konnte ich nur zustimmend nicken, er hatte immerhin vollkommen recht. Ich hätte es genauso gemacht., entgegnete ich dann vollkommen ehrlich, Ich habe zwar nicht deine Möglichkeiten, aber für Masch ist es wichtig, ihn in Sicherheit zu wissen. Er ist momentan in einem sehr labilen Zustand, jeder negative Einfluss könnte... der letzte sein. Ich atmete kurz schwer aus, eine leichte Spannung in meinen Schultern, ich mochte sehr neutral darüber sprechen können, aber man bemerkte doch, dass es mich betraf, so ungerne ich das auch nach außen dringen ließ.

Zustimmend nickte ich Sandy und dann auch der Kellnerin erneut knapp zu, als unsere Espresso kamen, bevor ich einen kleinen Schluck nahm und währenddessen die neuen Worte las. Mir war vollkommen bewusst, dass ich nicht sonderlich vertrauenswürdig war, ich verurteilte Sandy nicht, wie er mich sah, vor allem für einen Polizisten hatte er mich sowieso erstaunlich nahe an sich herangelassen, nachdem er sicherlich meine ganze Akte lesen hatte können, von der Jugendakte mal abgesehen, aber das war auch besser so. Früher obdachlos, mehrere Straftaten, es mochte nicht der beste Eindruck sein, aber es war mir auch scheiß egal. Masch hat bessere und schlechtere Tage, oft schafft er es nicht einmal aus seinem Bett, manchmal hat er genug Energie um sogar selbst ein paar Dinge zu tun. Er hat viele Alpträume und isst kaum, auch da gibt es bessere und schlechtere Tage., sagte ich vollkommen direkt ehrlich heraus, Wir haben viel geredet. Vor allem über eure... Familie. Ich lehnte mich zurück und verschränkte die breiten Arme, alleine wie beinahe spöttisch ich das Wort "Familie" aussprach, sagte schon einiges. Er macht sich viele Sorgen um euch, dass er euch nur eine Last ist. Aber ich glaube du bist der einzige, den das von euch überhaupt interessiert.

Masch hat mir von seinen Eltern erzählt, gerade von seinem... "Vater", aber ich habe sie nicht gesehen und ich möchte sie auch gar nicht sehen., sagte ich in einer sehr neutralen, etwas kühlen Stimme, ich sprang direkt ins Thema, ohne große Umschweife, er hatte gefragt und ich würde ihm seine Antwort auch geben, Masch ist offenbar eingetrichtert worden, er sei nichts wert, es sei ihm nicht wert geholfen zu werden und alle Probleme, vor allem die seiner Zwillingsschwester, seien seine Schuld. Es mochte sein, dass das Dinge waren, die Masch von sich selber sagte, aber ich war mir sehr sicher, weder Sandy noch ich waren dumm oder naiv genug um zu glauben, dass diese einfach von ungefähr kamen, ohne einen Auslöser. Nun, bei der- Ich lächelte spöttisch. -ersten Nachricht, die Masch an Eli geschrieben hatte, war sie hellerfreut, von ihm von einer wildfremden Nummer zu hören. Sie sagte, dass sie sich freuen würde, wie gut es ihm doch ginge und das sie den Tag doch so gerne mit ihm gemeinsam verbracht hätte. Während Masch ihr von meinem Handy geschrieben hatte, wie dir, nachdem er beinahe zusammengeschlagen, vielleicht abgestochen oder sonstiges geworden wäre. Sie hatte keine Ahnung, auch als ich sie darauf hingewiesen habe, was denn überhaupt das Problem sein könnte. Entweder ist sie blind, dumm oder ignorant, denn wenn sie zusammengewohnt... sogar zusammen im selben Bett geschlafen haben, gibt es eigentlich gar keine Möglichkeit, dass sie seinen Zustand nicht bemerkt hätte. Masch hatte Alpträume, er aß kaum, sein Gesicht war etwas eingefallen und trostlos, das war nichts, was negativ auf ihn zurückfiel, er konnte schließlich nichts dafür, aber es war bemerkbar. Es war nicht zu übersehen und ich hatte keine Geduld für Ausreden oder dergleichen. Dann wollte sie unbedingt mit ihm sprechen. Du hast es nicht gehört, was sie geredet haben, aber ich habe es. Ich bin sicherlich der letzte, von dem man so etwas hört aber, ich glaube nicht, dass sie ihm ernsthaft helfen möchte. Ganz im Gegenteil, eine der ersten Sachen, die sie angesprochen hatte, war, dass er ihr selbstverständlich helfen darf, nur dass er sich zuerst selber helfen muss. Wie überaus großzügig sie doch ist. Natürlich war es meine Sicht auf die Dinge, es gab immer mehrere Interpretationen, aber die meisten Dinge, die ich hier aufzählte, waren Fakten, neben meinen persönlichen Kommentaren abgesehen, aber ich war nun einmal sehr ehrlich, wie ich die Situation sah. Also hatte ich sie darauf hingewiesen, dass ich Masch dabei unterstützen würde und... nichts. Sie hat nichts darauf gesagt. Stattdessen hat sie ihn gefragt, ob er bei mir einziehen würde. Ich zuckte mit dem Mundwinkel, es war ganz schön viel, ich hatte das Gefühl, so viel hatte ich in Monaten nicht mehr am Stück gesagt, aber jemand musste es einfach einmal sagen. Eli war nichts außer totes Gewicht, das Masch immer weiter nach unten zu ziehen drohte.

Das sie sich nie selber verteidigen musste, bezweifle ich kaum. Madame ist es gewohnt, dass ihr überall geholfen und nachgeputzt wird., sagte ich spöttisch, sie hatte mir schließlich nicht einmal direkt antworten oder in die Augen sehen können. Ich antwortete immer erst, nachdem ich die Worte von Sandy langsam und ruhig gelesen hatte, er schrieb wirklich schön und präzise, es war nicht schwer das zu lesen, aber ich nahm mir die Zeit, damit ich nichts überlas, es war immerhin einfacher etwas zu überlesen als etwas zu überhören, außerdem trug ich meine Lesebrille nicht und das ließ es etwas dauern, aber ich würde sie sicherlich nicht aufsetzen. Aber ich interessiere mich nicht für ihre Gründe, und ich interessiere mich nicht für sie. Ich habe dir den Arsch gerettet, weil du Masch zu wichtig bist. Weil du ihn unterstützt und im Gefängnis oder wo auch immer wärst du nutzlos für ihn. Und nebenbei um an diesem Dylan für Masch Rache zu nehmen., rückte ich ganz ehrlich mit der Wahrheit heraus, bevor ich einmal tief einatmete. Ich nahm das Glas Wasser, das immer zum Kaffee dazukam und stürzte es hinunter. Es wurde Zeit für den Teil dahinter, der mir am meisten nahe ging, aber er war die Wahrheit, also musste er auch gesagt werden. Aber sie? Von meinem Standpunkt aus schadet sie ihm nur. Ich weiß nicht, ob er es geschafft hätte, wenn dieser Scheiß so weitergegangen wäre. Manchmal war ich mir nicht einmal sicher, ob er es schaffen würde, aber das behielt ich für mich, ich zeigte keine Schwächen, nicht so.

Man hörte ein ehrliches Seufzen von mir, aber zur Abwechslung war es nicht genervt, sondern eher ermattet, abgeschlagen. Ich runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. Ich würde mir lieber meine eigene Hand abhacken, als Masch zu irgendetwas zu zwingen. Es tat weh, Masch leiden zu sehen, das war ein vollkommen neues Gefühl für mich, diese pure Empathie, die ich für den jungen Mann empfand, die ich so sonst noch nie gespürt hatte. Wenn er in Lebensgefahr schwebte, würde ich vielleicht eine Ausnahme machen müssen, aber ich würde ihn niemals zu etwas zwingen, das er nicht wollte. So sehr es auch schmerzte zu sehen, wie eine rücksichtslose Person ihm schadete. Ich arbeite in der Sirène als Türsteher, an dem Abend, als ich Masch begegnet bin, war dieser Stromausfall und meine Schicht fiel aus., erklärte ich relativ ruhig, Das was ich der Polizei gesagt habe, ist wahr gewesen, es waren drei Schläger von ihm da, wollten Masch zusammenschlagen oder ähnliches. Meinten, Dylan hätte ihn gerne wieder bei seinen Kunden, ich bin dazwischen gegangen, hab ihnen ein paar Knochen gebrochen, hab Masch zu mir nachhause gebracht, er hat kaum auf etwas reagiert. Ich schüttelte den Kopf und presste die Zähne ein wenig aufeinander. Er wäre vermutlich mit jedem mitgegangen in dem Zustand.

Nicht auszudenken war richtig, aber es war nichts passiert, ich nickte nur knapp, ich war durchaus froh, dass Masch in mein Leben getreten war, eigentlich sogar sehr, ich hatte mich lange nicht mehr so gefühlt, wie jetzt, vielleicht auch nie, es war einfach so schwierig zu sagen. Mir solls recht sein, ich wollte Dylan weg haben, das wars., sagte ich knapp, ich hätte Dylan auch eigenhändig erwürgt, wenn es hätte sein müssen, ich hatte schöne Lederhandschuhe und sicherlich groß genug Hände, die um seinen Hals passen würden. Aber so kam er eben ins Gefängnis, hoffentlich für immer, denn sollte er jemals rauskommen, würde ich ihn doch wieder einholen. Das, was ich noch nicht verstehe ist, warum hast du meine Daten mitgenommen? Es wäre immerhin viel unauffälliger gewesen, wenn er sie nur eingesehen hätte.

Wenigstens wechselte das Thema nun auf eine andere Person, auch wenn ich nur die Augenbrauen hochziehen konnte bei dem, was ich da las. Umgab Sandy sich eigentlich gerne mit dummen Leuten? Nachdem, was schwarz auf weiß in meiner Akte stand, war ich weder besonders vertrauenswürdig, noch wünschte man sich in meiner Nähe zu sein. Es mochte mir scheiß egal sein, aber ich bezweifelte, dass sein Freund mit den Katzenöhrchen da so taff war, dass er dachte, er könnte es mit mir aufnehmen, er hatte eher ängstlich gewirkt, wirklich niedlich. Also, was du sagen möchtest ist, du hast sie umsonst mitgenommen., entgegnete ich vollkommen ehrlich und zuckte mit den Schultern, bevor ich meine Arme verschränkte, Er hat meine Straftaten gelesen oder? Ich zuckte spöttisch mit dem Mundwinkel. Keine weiße Weste. Nicht gerade der ordentliche, brave Bürger.

Schockiert, was? Ganz schön arrogant für jemanden, der genauso das Gesetz gebrochen hat., sagte ich mit einem sarkastischen Unterton und grinste tatsächlich kurz, ich wusste ziemlich gut, was in meiner Akte stand, nicht jedes Detail oder wie viele Informationen sie darüber hatten, aber ich war durchaus auch einige Male erwischt worden und für noch viel mehrere Male nicht. Ich hob allerdings die Augenbraue, als ich zu dem durchgestrichenen Teil kam. Er hatte eigentlich Angst, ich hätte mir auch mehr erwartet., ich zuckte mit den Schultern, Nahuel war nur Sandys Freund, wenn sich dieser nicht für Masch interessierte, dann konnte es mir relativ egal sein, wir hatten sowieso nicht viel über ihn gesprochen, ich legte eine Hand locker vor mir auf die Tischplatte, Wenn du Fragen hast du meinen Straftaten, meinem ehemalig nicht vorhandenen Wohnort, raus damit.