Etwas erstaunt sah ich zu Sandy, bevor sich beinahe schon ein zufriedener Ausdruck über mein Gesicht legte, es war schwierig zu erkennen, aber meine Mundwinkel hoben sich tatsächlich ein wenig. So als Vorzeigepolizist hätte ich das von Sandy nicht ganz erwartet, aber andererseits musste er gerade ja auch nicht als Polizist dorthin. Du begleitest mich dann nicht als Polizist sondern als... besorgter Bekannter?, stellte ich beinahe etwas amüsiert fest, bevor ich nickte und Schlüssel und Brief wegsteckte, bevor ich sehr direkt meine nächste Frage stellte, aber immerhin war die Person nicht anwesend um ihr meine Frage selber zu stellen, Was arbeitet dein Freund?

Ich werde meine Jacke ausziehen sobald wir da sind, dann bin ich nur noch ein Mann. Ich grinste über diesen Scherz und zog schon einmal meine Uniformjacke über. ich fühlte mich in meiner Uniform außerordentlich wohl und das obwohl sie nicht einmal meine Lieblingsfarbe, gelb, hatte. Sie bedeutete mir einfach so viel und stand mir auch noch sehr, sehr gut. Ich hatte immer schon zur Polizei gehen wollen, schon als kleines Kind, diesen Beruf nun auch auszuführen war für mich immer noch wie ein Traum, trotz der Arbeitszeiten, Probleme und schlimmen Dinge die ich bei der Mordbrigade zu sehen bekam. Er hat keinen Job. Warum war ich mir nicht ganz sicher, vermutlich fand er, dass er wegen seines Aussehens keien Anstellung finden würde, was ich nicht recht glauben konnte, aber das war wohl seine Entscheidung, für die Wohnung und unser Essen zahlte ich.

Sandy hatte es tatsächlich geschafft, etwas, was schon sehr lange nicht mehr passiert war, denn mein Gesicht hellte sich mit einem Mal auf und ein leises Kichern ertönte, das hell und klar war, kindlich beinahe. Ich lachte nicht oft, meistens wenn niemand anderer lachte, dann fiel es mir irgendwie leichter, aber Sandy's wenn auch kleiner Scherz hatte mich einfach ehrlich zum lachen gebracht. Ein sehr sympathischer Mann., fügte ich schließlich hinzu, einen weiteren Moment war mein Blick noch weicher als zuvor, während ich zu Sandy sah. Ich begann dann jedoch meine Sachen wieder einzusammeln, bevor ich schließlich wieder auf meinen Stock gestützt neben ihm stand, bereit zum Aufbruch. 기생., kommentierte ich leise, als ich seine Antwort sah, bevor ich fragte, Wo ist er dann?

("기생" (Gisaeng) = "Schmarotzer" (in diesem Kontext))

Ich lächelte erfreut, als Victorine kicherte, nur leise zwar, aber das hatte ich bisher noch nicht gehört. Ich mochte es wie ihre Stimme dabei klang, viel jünger, als sie sich sonst zu benehmen schien. Danke sehr, ich bemühe mich. Ich deutete eine Verbeugung an und grinste. Was Victorine schließlich murmelte verstand ich nicht, aber es schien nicht wichtig gewesen zu sein, also fragte ich nicht nach. Ich runzelte bei ihrer Frage dann aber die Stirn und zuckte dann mit den Schultern. Gute Frage, ich weiß es nicht, vielleicht streunt er draußen herum, ich hab ihm gesagt, dass ich heute lange weg bin. Ich warf einen Blick auf mein Handy, aber ich hatte noch keine Antwort bekommen. Ich steckte das Gerät wieser weg und ging zur Wohnungstür, an der ich auf Victorine wartete, um hinter ihr dann abzusperren. Das Motorrad steht gleich um die Ecke.

Doch ganz schön belustigt beobachtete ich, wie Sandy sich dazu beinahe noch verbeugte. Er war wirklich sympathisch, aber im Gegensatz zu mir hatte ich das Gefühl, dass das alles sehr natürlich zu und von ihm kam. Ich ließ das Thema von seinem Freund fallen, er schien sich keine Sorgen zu machen, aus welchen Gründen auch immer, es war eigentlich auch egal. Aus meiner Sicht hatte so etwas keine Zukunft, aber in meiner Karriere hatte ich durchaus schon erlebt, dass Klienten mit ihren Partnern zusammenblieben, ganz egal was passiert war. Ich hoffte Sandy war vernünftiger, aber ich sagte nichts dazu. Bist du schon lange Polizist?, fragte ich schließlich und nickte, mit langsamen schweren Schritten, meinen Gehstock immer als Stütze dazu, folgte ich Sandy aus der Wohnung hinaus.

Nun leuchteten meine Augeb förmlich auf, mein Job war meine große Leidenschaft, ich liebte ihn über alles. Seit zwei Jahren bin ich mit der Akademie fertig und im vollen Dienst. Ich nahm noch für uns beide je einen Helm mit und schloss dan hinter Victorine ab, ehe ich zum Aufzug ging und ihn herauf rief, auch hinunter würde ich die Stufen der kleineren Frau nicht antun. Ich wollte immer schon zur Polizei, schon seit ich klein war.

Das Leuchten in seinen Augen entging mir nicht, ich beschloss es darauf zu schieben, dass er wohl sehr begeistert von seinem Beruf war. Das was er darauf sagte überraschte mich allerdings etwas, besonders heutzutage, wo es so viel Auswahl gab. Es ist ungewöhnlich so früh bereits seinen Beruf entschieden zu haben. Was hat dazu geführt? Ich hatte immerhin fast zweihundert Jahre gebraucht, ich wusste also durchaus, wovon ich sprach. Ich war ihm dankbar dafür, dass wir den Aufzug nahmen, aber er keine große Sache daraus gemacht hatte. Sobald der Aufzug da war, betrat ich ihn und wartete auf Sandy.

Ich trat nach Victorine in den Aufzug und schon ging es nach unten, während ich begeistert von meiner Leidenschaft erzählte, etwas wozu ich nur selten Gelegenheit hatte, es war kaum jemand in meiner Umgebung mehr so aufmerksam, wenn ich davon erzählte, vermutlich hatte ich das schon zu oft getan. Ich bin mir nicht sicher, ich fand die Polizei immer schon beeundruckend, vielleicht hat auch mitgewirkt, dass mich als ich klein war ein Polizist aufgelesen und ins Waisenhaus gebracht hat, bis ich adoptiert wurde ist er immer mal wieder vorbeigekommen. Mir fiel auf, dass ich das noch sehr selten jemandem erzählt hatte, obwohl es kein Geheimnis oder so etwas war. Ich stieg aus dem Aufzug und hielt die Tür Victorine auf während ich weiter erzählte. Dieser Polizist ist jetzt auch mein Kollege, mein Vorgesetzter genau genommen, vielleicht sagt dir Commandant D-A-N-G-L-A-R was.

Ein prägendes Erlebnis in der Kindheit, das war tatsächlich nichts ungewöhnliches, im Endeffekt war es meistens sogar die naheliegendste Erklärung. Langsam trat ich nach Sandy aus dem Aufzug, und nickte ihm kurz zu dafür, dass er die Tür offenhielt, während ich schon einmal weiterging, Sandy würde mich sowieso ohne Probleme einholen. Ich war froh, dass er es bisher nie wirklich angesprochen hatte, aber wahrscheinlich verstand er mich dadurch, dass er selber ja auch gewisserweise verstehen konnte. Er hat dich besucht? Das erstaunte mich dann doch etwas. Du hattest wirklich Glück, insofern man in einem Waisenhaus Glück haben kann. Wo hat er dich aufgelesen?

Allerdings, bis ich vier war, es war nur alle paar Monate mal oder so, aber ich weiß noch, dass mich das immer sehr gefreut hat. Ich lächelte fröhlich, während ich so deutete und nun auch Victorine aus dem Haus folgte, aufgeholt hatte ich ja schnell. Es war nicht schlimm im Waisenhaus, sie waren alle sehr nett. Ich bin mir nicht ganz sicher, ich glaube irgendwo an der Seine. Nicht direkt in der Stadt auf jeden Fall, das wusste ich, aber nahe genug dran, dass Danglar mich guten Gewissens hier her mitnehmen hatte können. Als wir am Motorrad angekommen waren gab ich Victorine ihren Helm und setzte meinen eigenen auf, dann machte ich das Gefährt startklar und wartete geduldig bis Victorine oben war, sollte sie Hilfe wollen gab ich sie ihr natürlich, sonst schwang ich mich schließlich einfach selbst auf das Motorrad und fuhr los.
(Wohnstraße)

Keine Besuche wären schlechter gewesen. Was ich damit eigentlich sagen wollte war, dass ich den Commandante dafür sehr bewunderte, dass er ein fremdes Kind besucht hatte, aber was mich noch viel mehr interessierte war was passiert war, nachdem er vier Jahre alt geworden war. Das traute ich mich auch tatsächlich zu fragen, auch wenn zögerlich, ich war nicht allzu gut darin einzuschätzen, was jemand teilen wollte und was nicht. Was ist passiert, nachdem du vier Jahre alt geworden bist? Ich nickte, während er mir den Helm gab und schaffte ihn mit etwas Mühe mit einer Hand anzulegen, ich war sowieso viel zu stur, um nach Hilfe zu fragen, ich kletterte also hinten auf das Motorrad und hielt mich dann gut an Sandy fest.

-> Die Stadt Bordeaux » Wohnstraße

Unterwegs war leider mein Akku leer gegangen und irgendwie hatte ich es geschafft, mich sogar im Wald zu verlaufen, nach vier oder fünf Stunden hatte ich es, mit schmerzenden Füßen, endlich nach Hause geschafft. Drinnen sah ich mich um, es war niemand hier, und stöpselte gleich mein Handy an. Als es wieder genügend Akku hatte, erreichte mich eine SMS von Sandy. Frustriert brummte ich, leider hatte ich die beiden in der Zwischenzeit verpasst, offensichtlich arbeitete er mit jemandem zusammen. Sofort machte ich mich daran, eine Antwort zu schreiben, und seufzte. Victorine hätte ich gerne kennen gelernt.
Danach ging ich in die Küche, und begann, alle Zutaten für eine Lasagne raus zu stellen, um mit der Zubereitung zu beginnen. Das Ziel war, dass Sandy sich von der Lasagne aufwärmen konnte, wenn er wieder heim kommen würde.

Nachdem die Lasagne fertig geworden war, nahm ich mir ein Stück, um dieses gleich zu essen, während ich wieder an Sandy denken musste. Immer wieder dachte ich darüber nach, wie es bisher um uns stand, und wie ich mich verhalten hatte. Eigentlich kaum so, als wären wir wirklich ein Paar. Ich hoffte, ihm mit dem Ausflug, den ich gerne mit ihm machen wollte, zeigen zu können, dass er mir viel bedeutete, auch wenn ich es nicht wirklich gezeigt hatte. Nachdem der Rest abgekühlt war, packte ich alles in den Kühlschrank und spülte auch wieder alles ab. Es war ein wenig spät geworden. Unterwegs hatte ich einen Rosenstrauß gefunden und mir eine rote Rose geklaut, welche ich ins Wasser stellte und gut sichtbar platzierte, wenn er hinein kommen würde. Auf die Vase klebte ich ein Post-it.

"Hallo Schatz,

freut mich, dass du wieder daheim bist ❤️
Ich habe noch Lasagne gekocht. Sie steht im Kühlschrank. Nimm dir, so viel du magst, wenn du Hunger hast :3

Ich liebe dich,
Dein Nahuel

Nachdem ich das gemacht hatte, verwandelte ich mich in eine Katze und rollte mich auf dem Sofa zusammen, ich war müde. Vielleicht hörte ich Sandy später kommen, und konnte ihn dann noch begrüßen. Natürlich wollte ich auch wissen, wie sein erster Tag zurück im Dienst gewesen war.

Erst als ich Zuhause war und Kaito schreiben wollte realisierte ich, dass ich Nahuels Nachricht völlig übersehen hatte, es war aber auch so viel losgewesen. Immerhin war er gut nachhause gekommen und es war nichts schlimmes passiert, wie ich es angenommen hatte. Ich sah den Post-it an der Vase, doch nach dem Essen mit Kaito hatte ich natürlich nicht viel Hunger, doch die Lasagne würde ja nicht schlecht werden, wenn sie noch ein paar Stunden im Kühlschrank stand, in der Vase stand eine rote Rose, sie duftete gut, doch ich war in Gedanken noch immer ganz wo anders, bei Kaito und bei dem was zwischen uns passiert war. Nahuel schlief auf dem Sofa, doch da meine nächste Schlafperiode anrückte ging ich ins Schlafzimmer. Ich zog nur die Jacke aus und ließ mich dann auf das Bett fallen, wo ich sofort einschlief. Ich konnte später immer noch duschen, für jetzt hüllte mich noch der Geruch ein, den Kaito an mir zurück gelassen hatte, Bergamotte und Vanille.

Leider schlief ich zu tief, um überhaupt zu bemerken, dass Sandy nach Hause kam. Erst am nächsten Morgen wurde ich wach, recht früh wach. Einen Moment streckte ich mich und beschloss, kurz zu duschen, nachdem ich meine Menschenform angenommen hatte. Ist Sandy noch nach Hause gekommen? Vorsichtig warf ich einen Blick ins Schlafzimmer, er schlief seelenruhig im Bett. Schade, dass er mich nicht mit ins Bett genommen hat... Die Rose stand ebenfalls noch da, mit dem Post-it, und die Lasagne war im Kühlschrank nicht angerührt, wie ich nach dem Duschen fest stellte. Ob er sich gefreut hat? Vermutlich war er einfach zu müde und sein Schlafintervall war zu nah. Ich wollte mir nicht allzu große Sorgen machen, immerhin wusste ich ja auch nicht, dass Kaito wieder da und zwischen den beiden etwas passiert war. Schon mal in der Küche setzte ich gleich einmal Kaffee auf und schob Brötchen in den Ofen, mit dem Plan, Frühstück für uns zu machen und Sandy liebevoll zu begrüßen, sobald er wieder wach sein würde.