Ohne zu zögern nahm ich mir einen Moment Zeit, um meinen Kopf hoch zustecken und meine Mutter anzugrinsen. Ich spürte, wie sich eine Art warme Dankbarkeit in meiner Brust ausbreitete, sie einfach so ansehen zu können. Sie stand einfach da, nichts Besonderes. Und doch fühlte es sich für mich sehr besonders an. Genau wie bei Ayu. Meine Mutter war genau dort, nicht weit entfernt. Es war sehr schwer gewesen, sie all die Jahre nichtmal sehen zu können.
"Hm?"
Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen. Dann senkte ich meinen Blick wieder auf Mercutio - ich hatte ihn perfekt verstanden.
"Du wirst verlieren, alter Mann."
Ich kann nicht gegen ihn verlieren. In einer sehr eleganten Wendung schwang ich meine Hand aus, um die Wodkaflasche zu ergreifen. Ich nutzte immer noch den Schwung daraus, ließ meinen Fuß von der Bank gleiten und setzte meinen Hintern direkt neben seinen. Es tat ein wenig weh und drückte mir die Luft aus den Lungen, einfach auf die härtere Bank herunterzufallen - aber ich versuchte, mit einem großen Schwung genommenen Schluck aus der Flasche dies zu überdecken. Eins, zwei, drei. Das ist widerlich ohne Saft! Ich riss die Flasche von meinen Lippen. Ein unruhiger Husten schüttelte meinen gesamten Körper, aber ich weigerte mich, die brennende Flüssigkeit wieder aus meine Kehle auszuspucken, und richtete die Flasche wieder auf Mercutio.
"Scheiße, du bist dran. Wie wäre es mit einem Trinkspiel?"

Ich beobachtete Kaito wie er sich neben mir fallen ließ und wenn ich nicht schon darüber gelacht hätte wie unelegant er sich neben mich setzte, so wäre das spätestens passiert, als er begann zu husten, nachdem er versucht hatte wie Tybalt und ich zuvor direkt aus der Flasche zu trinken. Ich schnappte mir den Vodka und erstickte fast an der Flüssigkeit, als ich ihn trank und gleichzeitig fast hysterisch lachte. Ich wischte mir etwas des starken Alkohols, der mein Kinn entlang geronnen war ab und kicherte dann weiter. Eine spaßige Aktivität die zum Trinken animiert? Ich sage: Bodyshots! Und schon begann ich an Kaitos T-Shirtsaum zu ziehen.

Leichtert und freundlich so wie dankbar, nickte ich dem Japaner zu und ging Richtung Villa. Ich hoffe Masch ist noch da…

(Villa FichtenClan)

Ruhig nickte ich Tybalt zu und versetzte mich dann auch schon gleich in Bewegung, nachdem ich kurz noch Valentina nachgesehen hatte. Dann nehmen wir doch eine Flasche Cabernet Sauvignon von Le Triomphe., kündigte ich an und trat in schweren, auf meinen Gehstock gestützten Schritten zu dem großen Tisch mit dem eingekühlten Alkohol hinüber, um dort auch gleich die besagte Flasche kurz zu kosten mit einem seichten Schwung. 훌륭해요. Denn in diesem Wein erlebte man die Kraft der Traubensorte zum Grillfleisch passend ausgewählt, die auch gern King Cab genannt wird und das nicht ohne Grund ebenso wie den Reichtum des Pays d’Oc. Unter der strahlenden südfranzösischen Sonne entwickelte diese Traube eine herrlich konzentrierte Fruchtigkeit und weiche, runde Tannine. Entsprechend war die sinnlich-betörende, sonnenverwöhnte schwarze Frucht tonangebend in diesem Le Triomphe, perfekt ergänzt um Eindrücke von Lakritz und Minze. Ich füllte also schnell die Gläser und machte mich dann mit einem Tablett auf der freien Hand, denn selbst war die Frau, wieder zurück zu den anderen, wobei ich kurz Mercutio und Kaito von der Seite beäugte.

(훌륭해요 (hullyunghaeyo) [KR] = "Ausgezeichnet.")

Respektvoll nickte ich auch Valentina tief zu, als diese sich von uns verabschiedete, bevor ich überhaupt das Gespräch der anderen beiden Anführer bemerkte, das sich offenbar um einen Wein drehte, einen Rotwein, mehr konnte ich auch nicht so genau sagen, Kojiro war da eher der Experte gewesen, immer mit dem passenden Wein zu seinen Gerichten. Ich sah fragend zu Tybalt hinüber, runzelte dann aber die Stirn, als ich bemerkte, dass Kaito hinter ihm offenbar gerade schon wieder etwas unziemliches anstellte, dieses Mal mit Verstärkung von Mercutio. Was für Idioten.

Meine Hand öffnete sich und reichte Mercutio die Flasche, dann fing ich an zu lachen, während ich ihm dabei zusah, wie er trank und gleichzeitig lachte. Ich schnaufte und mein Lachen wandelte sich langsam mehr in ein Kichern, als mir allerdings klar wurde, was Mercutio mit meinem Oberteil machte, und fing dann an, noch frecher zu grinsen. Seine Idee war famos. Es würde hier doch noch spaßiger werden als ursprünglich angenommen. Ich habe ihn ewig nicht gesehen eigentlich. Es war erstaunlich, wie vertraut und dennoch wie fremd mir hier alle Personen waren. Dieser Fakt hielt mich allerdings sicher nicht davon ab, hier jetzt erstmal richtig Party zu machen. Und da Sandy gerade Besseres zu tun hatte, sah ich daran auch nichts Falsches. Endlich wieder mal, echt jetzt!
"Wenn du meine Bauchmuskeln sehen wolltest, hättest du einfach fragen können."
Ich hob meine Arme über meinen Kopf und griff dann nach hinten in meinen Kragen. Mit ein wenig Schwung riss ich mein Oberteil hoch und über meinen Kopf und warf es hinter mich. Tada! Ich legte meinen Kopf schief und hob erwartungsvoll eine Augenbraue. Ich verlor mein Grinsen dabei allerdings nie.
"Wir leisten hier absolut wichtige diplomatische Arbeit. Mum wäre stolz."
Ohne Widerstand ließ ich meinen nun nackten Oberkörper nach hinten auf die Bank fallen.

Ich johlte vor Vergnügen, als Kaito mir die Arbeit abnahm und sich selbst auszog, wobei ich Tybalts unglücklichen Blick gekonnt ignorierte und mir auch nicht vorhatte von irgendwem sonst meine Pläne ausreden zu lassen. Das nenne ich mal kulturellen Austausch. Lachend hob ich einen Finger zum wartenden Kaito auf seinem Rücken hinüber und lief schnell zum Tisch hinüber auf dem, und drunter und daneben und dahinter und davor, der Alkohol stand und an welchem sich auch gerade Victorine befand. Ich schnappte mir eine Flasche Tequila und hielt meine Anführerin dann an, indem ich einfach breit grinsend vor ihr stehen blieb. Ich nahm ihr eins der Weingläser weg und trank ohne ein Wort zu sagen die Hälfte davon aus, nur um diese mit einem Schuss aus meiner Vodkaflasche zu ersetzen. Das gehört Kaoru. Übertrieben zwinkerte ich Victorine noch einmal zu, holte rasch noch Salz und die obligatorische Zitrone, die in weiser Voraussicht bereits aufgeschnitten worden war, womit ich zu Kaito zurück rannte und fast schon lasziv eine Hand auf seine nackte Brust legte, um ihn in seiner liegenden Position zu halten, egal ob er nun überhaupt aufstehen wollte oder nicht. Jetzt sei ein braver Junge. Kichernd begann ich den jungen Körper vor mir vorzubereiten, Tequila in den Nabel, Salz seinen Bauch entlang und die Zitrone in seinen Mund.

Hinterfragt hatte ich es allerdings nicht, als Mercutio den Wein für Kaoru ordentlich mit Vodka vermischt hatte, aber vielleicht war das ganze hier auch einfach nur eine Tradition von der ich nichts wusste, und was war denn schon das schlimmste, was passieren konnte? Was das war, wurde mir allerdings schneller als mir lieb war klar, als wenige Minuten später auch schon alle begannen Bodyshots zu sich zu nehmen und ich wahrnehmen konnte, wie Kaito, Zwillingsbruder von Ayumi und offenbar ja schließlich auch fester Freund von Sandy, bald immer übermütiger wurde, bis ich beschloss einfach genau letzteren zu holen, weil ich auch noch wusste, wo dieser war, immerhin hatte ich ihn mit Kaito, Kaoru und Masch hineingehen gesehen, wovon zwei nun hier auf der Terrasse waren, beide überhaupt nicht mehr nüchtern, und er daher wahrscheinlich bei Masch geblieben war. Ich verschwand also so unauffällig wie möglich in die Villa hinein, besonders schnell war ich schließlich sowieso nicht.

tbc: Die Villa

Ganz sicher, wie das alles hier passiert war, war ich mir nicht mehr, aber meine Sicht war vollkommen verschwommen und mein Kimono war geöffnet, während ich vollkommen fertig über einem Tisch hing, ein Bein in der Luft, das ich einfach nicht bewegen konnte, ich war mir auch nicht ganz sicher warum. Saß jemand auf meinem Bein oder halluzinierte ich gerade einfach? Ich wusste nicht, ob es mit meinem Heimweh nach Japan zusammenhing, aber ich hatte es irgendwie schon wieder geschafft viel zu viel zu trinken. Dieses Mal hatte ich zumindest allerdings noch einen glorreichen Einfall, denn ich sollte wirklich spazieren gehen. Ich wusste nicht genau, woher diese Eingebung kam, aber plötzlich konnte ich meine Beine wieder bewegen und so ekelhaft ich mich auch fühlte, besonders mit dem klebrigen Alkohol, der noch an meinem unteren Bauch klebte, machte ich mich vollkommen ziellos auf den Weg. Ich musste meinen Kopf freibekommen, nur wie? Nicht, dass ich gleich beim nächsten Clan der stellvertretende Anführer werde...

tbc: Trampelpfad

Meine Augen ruhten auf dem sich jetzt bewegenden Mercutio, der offensichtlich etwas Alkohol holen ging und wahrscheinlich noch mehr. Ich versuchte zu blinzeln, als er mit Victorine sprach, aber es war schwer zu erkennen, wenn ich lag. Dann beobachtete ich, wie er zu mir zurückkam. Oh, Tequilla. Ich spannte meine Schultern an und versuchte mich ein wenig aufzurichten, um mehr erkennen zu können. Aber eine Hand auf meiner Brust hielt mich davon ab. Ich konnte nicht anders, als ich spürte, wie Hitze in meine Wangen schoss. Dieselben Wangen, die gleichzeitig von einem - meine Mundwinkel nach oben ziehenden - frechen Grinsen gespalten wurden. Braver Junge?
"Da kennst mich aber überhaupt nicht."

Da war immer noch dieser anhaltende Geschmack von Zitrone, der meine Lippen zierte, als ich meine Zunge darüber gleiten ließ. Ich kniff die Augen zusammen und sah mich um. Wo ist mein Oberteil geblieben? Meine Bauchmuskeln fühlten sich etwas klebrig an, aber das machte mir nichts aus, ich fühlte mich einfach sehr warm.
"Wir sollten noch mehr Shots trinken!"
Ich war mir nicht sicher, mit wem ich sprach, aber da musste jemand gewesen sein, mehrere Leute. Kaoru? Ich hätte schwören können, dass ich sein wunderschönes rosa Haar im Augenwinkel gesehen hatte. Aber als ich mich meinen Oberkörper herum drehte, war er verschwunden. Ich kam fast aus dem Gleichgewicht, als ich zu schwanken begann.

Ich hatte die Zeit meines Lebens, während ich mich damit beschäftigte mich und alle um mich herum abzufüllen und diese Party erst wirklich zu einer zu machen. Ich war noch völlig angekleidet, was man von dem davon schwankenden Kaoru und dem sich eben wieder aufsetzenden Kaito wirklich nicht behaupten konnte. Victorine war eben nach drinnen verschwunden und Tybalt betrank sich alleine am Rande der Terrasse. Ich lachte schallend und legte dann brüderlich einen Arm um den halbnackten Kaito, da dieser wirkte als würde er gleich umfallen. Ich drückte Kaito eine der Flaschen mit Cocoroco in die Hand, die andere hatte ich gerade für mich selbst geöffnet, und stieß die beiden Flaschen mit Schwung gegeneinander. Cin Cin mio amico.

Ich hätte es wissen müssen. Die Terrasse draußen war im Chaos versunken, ich wusste nicht genau was hier passiert war, aber ich sah Kaito ohne Oberteil neben Mercutio sitzen, beide offensichtlich höchst betrunken, und in einer Ecke Tybalt, der nicht wirkte als wollte er hier sein. Wo steckt Kaoru? Ich konnte den Japaner, der bisher so vernünftig gewirkt hatte nirgendwo sehen, aber ich hatte gerade auch ein dringlicheres Problem um das es sich zu kümmern galt und wegen dem ich ich meinen kleinen Bruder zurück lassen hatte müssen. Kaito! Ich stapfte mit großen Schritten dahin hinüber wo er mit Mercutio saß und zögerte nicht lange, ehe ich die ihm gebotene Flasche mit extrem scharf riechendem Alkohol wegschnappte und sie beiseite stellte. Ich glaube es wird Zeit diese Party zu beenden K.

An meinen Fingerspitzen spürte ich etwas Kaltes und griff instinktiv nach etwas, das ich schließlich als Flasche erkannte. Eine Flasche mit Inhalt, der nach süßem Alkohol roch. Ich wollte es nur an meine Lippen heben und spürte wie sich meine Mundwinkel noch weiter nach oben zogen. Gerade in diesem Moment war mir bewusst geworden, dass ich gerade an Mercutio lehnte, dessen Arm um mich lag. Huch! Wo ist die Flasche denn hin?
"Sandy!"
Ich blickte zu meiner Sonne auf und vergaß plötzlich sogar Mercutios Arm um mich. Er ist wieder da! Ich konnte nicht anders, als ihn für einen Moment voller Ehrfurcht anzustarren. Ich konnte nur zusehen, wie seine Hände die Gebärden formten - deren Sinn ich sofort vergaß. Dann ließ ich meinen Blick an seinen starken Armen hinauf und einfach in sein wunderschönes Gesicht gleiten. Seine Augen schienen zu schimmern, als wäre die Magie selbst gerade in ihnen geboren worden.
"Du bist hier!"
Mein Mund fühlte sich plötzlich trocken an. Aber ich bemerkte, dass mein Mund einfach gerade offen stand. Als ich das in Ordnung brachte, zog ich meine Mundwinkel zu einem lieblichen schiefen Grinsen hoch. Ich will noch nicht gehen, echt jetzt! Gehen ist blöd.
"Ich habe dich unglaublich vermisst! Bitte zwing mich dich nicht wieder dazu dich zu verlassen."
Ich zog mich hoch. Gegen den Arm, der auf meiner Schulter gewesen war, den ich vergessen hatte. Sofort hob ich beide Arme und warf sie um Sandy – drückte ihn nah an mich und schmiegte mein Gesicht an seine Schulter. Der Stoff seiner Kleidung kratzte etwas an meinem nackten Oberkörper. Ich wimmerte leise und atmete tief durch. Mein Herz schlug schneller und schneller in meiner nackten Brust, während ich seinen beruhigenden Geruch wahrnahm. Scheiße. Wie kann alles an ihm eigentlich total sexy sein?
"Mann, du bist total heiß, echt jetzt... Wie soll jemand jemals um dich herum klar denken?"