Es war recht überraschend, dass Valentina so schnell nach Victorine antwortete, als hätte sie mitgelesen. Unheimlich. Allerdings hatte Mercutio ganz recht, es würde sich jetzt herausstellen wofür das Treffen war. Ein Diener kam herein und übergab mir auch noch einen Brief, der eigentlich an Lex gerichtet war, doch die hatte er nicht finden können und ich war der nächste ranghöchste Vampir hier. Ebenfalls die Aufforderung zu einem Treffen, die Entscheidung zum Zeitpunkt des Treffens schien mir also eher spontan zu sein, der Brief hatte etwas gebraucht um her zu kommen. Dann muss ich wohl gehen... Oh Himmel, und das auch noch alleine.

Ich bekam noch eine Nachricht von Victorine, passend zu seinem Kommentar ging es dabei um Mercutio. Nun, immerhin musste ich nicht ganz alleine hin, selbst wenn mein Freund für eine andere Seite einstand. Ich antwortete kurz ihr und Valentina und griff dann nach Mercutios Hand, um ihn einfach, wenn auch vorsichtig, mit mir zu ziehen. Wir sollten los. ich winkte Katalina entschuldigend zum Abschied und trat dann den Weg zum Treffen an.
(Verlassene Festung)

Müde kam ich wieder in der Villa an, müde und niedergeschlagen. Ohne mich noch viel nach jemand anderem umzusehen ging ich hinauf in mein Zimmer und ließ mich mit dem Gesicht voran auf mein Bett fallen.

Ich war wohl irgendwann eingeschlafen, denn ein lautes Pochen an meiner Türe schreckte mich auf. Ich blinzelte kurz verschlafen, war dann aber schon auf den Beinen und riss mit schlecht gelauntem Blick die Türe auf, der dann allerdings etwas sanfter wurde, als ich sah, dass es eine Dienerin war, die davor stand und welche recht verängstigt wirkte, als ich sie anfunkelte. "Entschuldigen Sie, aber der Bürgermeister möchte Sie sprechen." Ich seufzte und nickte, sagte aber nichts mehr, als ich an ihr vorbeitrat und, meine Haare rasch richtend, hinunter in Lex' Büro ging, wo der Bürgermeister auf mich wartete.
(Büro des Anführers)

Niemand außer ein paar Dienern war da, als ich zum Kelch schritt, niemand außer ihnen war dabei um mich zu unterstützen, als ich das Ritual durchlief und das symbolische Blut der alten Anführer aus dem Kelch trank, welches zum Glück in diesem Falle nichts als roter Wein war, da ich es nicht ertragen konnte selbst hier Blut anzurühren. Ich schloss die Augen und trank den Wein. Ich fühlte... nicht viel, ich war immer noch voller Schuld und nun immer mehr voller Selbstzweifel, denn wie sollte ich es schaffen den Clan wirklich zu führen? Ich war sozial alles andere als gut, Kommunikation lag mir nicht und ich wollte alles, nur nicht Lex ersetzen. Ich seufzte leise, stellte den Kelch wieder zurück, nickte den Dienern dankend zu und setzte mich stumm und mit leerem Blick ins Wohnzimmer. Wie sollte ich das allen anderen erklären?

Schließlich stand ich wieder auf, wenn ich mit meinen Gefühlen nicht klar kam, würde ich eben die Fäuste fliegen lassen, das hatte mich immer schon entspannt und abgelenkt. Ich hatte sowieso noch eine Rechnung mit den Typen offen, die Mercutio im Club angemacht hatten, selbst wenn Kyan ihnen schon eine Abreibung verpasst hatte. niemand fasste Mercutio an ohne dafür von mir zur Rechenschaft gezogen zu werden. Ich würde dem Clan später bescheid sagen, jetzt wollte ich mich ablenken. Ich machte mich also daran herauszufinden wer diese Kerle gewesen waren und ging dann auf die Suche nach ihnen.
(Verlassenes Industriegebiet)

Ich sah der stillen Villa mit etwas Grauen im Blick entgegen, ich freute mich gar nicht darauf zurück in das stille Gebäude zu kehren, wo ich förmlich mit jedem Schritt spüren konnte, dass mir meine Übernahme des Clans, auch wenn sie unfreiwillig gewesen war, übel genommen wurde. Ich wurde allerdings aus meinen Gedanken gerissen, als ich hörte wie der Wagen abstarb und sich die Computerstimme wieder zu Wort meldete. Ich sah vom Fenster weg zu Kaoru und zog eine Augenbraue hoch. Wagen abgestorben? Wenigstens waren wir bis zur Villa gekommen, gut für mich, weniger gut für Kaoru, vor allem, wenn er jetzt keinen Mechaniker mehr bekommen konnte, es war allerdings ja auch schon ziemlich spät.

Der Wagen war hinüber, ohne Reparatur würde da gar nichts mehr gehen, das sagte mir sogar mein sehr geringes Wissen in diesen Dingen. Ich sah vom angespannten Kaoru zum stillen Haus hinüber und wieder zurück, ehe ich, nur für mich selbst, mit den Schultern zuckte und leicht zur Villa deutete. Das wird nichts, komm erstmal mit rein, da kannst du besser nachdenken. Ohne auf eine Antwort zu warten öffnete ich die Beifahrertür, stieg aus und ging zum Eingang hinüber. Kaoru würde schon mitkommen, wenn er vernünftig war. Und wen nicht... dann war das nicht meine Schuld.

Wir sind nur noch wenige. Meine Schultern waren deutlich angespannt, als ich die Türe öffnete um mich und Kaoru einzulassen. Es war wirklich sehr still hier, ich fragte mich wo wohl Lex und ihre Kinder waren. Ob sie den Clan wegen des Anführerwechsels verlassen würden? Sicherlich waren sie alle sehr wütend auf mich, ich konnte es ja auch nur zu gut verstehen. Ich ging voran zum Wohnzimmer und schaltete das Licht ein, die Angestellten waren vermutlich schon weg oder im Bett, es war immerhin schon sehr spät.