Capitaine Danglard nickte auf Kyans Worte hin, so oder so, solange Kyan sich nicht weigerte im Falle weitere Informationen herauszugeben würden ihm seine Beweggründe relativ egal sein, Hauptsache er bekam was er brauchte. "Das sollte möglich sein, wenn Sie in meinem Büro warten möchten? Sie werden den Brigadier dann dorthin bringen." Mein Capitaine machte eine einladende Geste zu seinem Büro hin, das ganz in der nähe lag und neben einem Schreibtisch und Stühlen für Gäste davor, voll gepackt mit Aktenschränken war, alles feinsäuberlich sortiert, beschriftet und geordnet.

"Danglard!" Die Stimme unseres Commissaire klang durch den Gang zum Büro unseres Capitaine, der seufzte und aufstand, nachdem er sich gerade erst an seinen Platz gesetzt hatte. "Entschuldigen Sie mich." Wenn der Commissaire einmal rief, so folgte Danglard dem sofort, egal worum es sich auch handeln würde. Damit ließ er Kyan alleine und war auch noch weg, als einer meiner Kollegen mich zu seinem Büro brachte. Bis die ganze Geschichte geklärt war, war ich bis aufs weitere beurlaubt und unter Beobachtung, aber ich durfte gehen wohin und tun was ich wollte. Mein Gesicht war immer noch grau, was bei meiner sonst eher sehr gelblichen, sonnigen Erscheinung doch sehr auffällig war. Ich wagte es Kyan immer noch nicht anzusehen und erst, als wir alleine gelassen wurden hob ich die Hände um das Zeichen für Entschuldigung zu machen, ein sehr einfachesund standartmäßiges, etwas anderes fiel mir gerade einfach nicht ein, auch wenn es dumm war, denn wie sollte er mir das denn je verzeihen? Ich war dumm gewesen und ich hatte gegen das Gesetz verstoßen, Kyan war gekommen, wollte mich nicht verklagen und hatte mir auch noch einen Ausweg gegeben um meine Ehre zu retten. Mir war weiterhin zun heulen zu mute und das würde ich auch ohne Zweifel tun, aber erst, wenn ich Zuhause war, oder zumindest irgendwo, wo ich alleine war.

Kyan sprach ein völlig anderes Thema an, als erwartet, nämlich Kaffee, aber ich konnte ihm nicht guten Gewissens widersprechen, denn ein Kaffee klang gerade einfach viel zu gut. Ich fühlte mich so müde als wäre ich schon zehn Minuten über meiner nächsten Schlafperiode, dabei hatte ich noch mehr als genug Zeit bis dahin. Ich hob überrascht leicht den Kopf und nickte schwach. Ich überlegte einen Moment und winkte Kyan dann mit mir mit, hinaus aus dem Revier und zum Café, das recht in der nähe war.

(Caféhaus)

Aufgeregt war ich wieder zur Arbeit erschienen, wo mich die einen Kollegen mit Misstrauen, die anderen mit Verständnis begrüßten, doch sie alle hatten die Geschichte geschluckt, dass ich Opfer einer Erpressung geworden war, die Meinungen über mein Verhalten gingen allerdings natürlich auseinander. Es gab einen brandneuen Fall, zu dem ich gleich auch eingeteilt worden war, ein Mord in einer Nebenstraße in einer sehr bewohnten Gegend der Stadt. Zwei unserer Leute hielten dort die Stelle, wir rückten nun mit Verstärkung an um den Tatort zu sichern. In unseren Wägen sausten wir auch schon los.
(Wohnstraße)

< SonnenClan / Kaitos Zimmer

Nachdem wir unsere Tatverdächtige in eine der Untersuchungszellen gebracht hatten folgte erst einmal eine Menge Papierkram, an dem ich mitarbeitete, bis ich fast an meinem Tisch eingeschlafen wäre. Ich wurde auf mein aufgeschichtetes Lager im Aufenthaltsraum entlassen und schlief dort vier Stunden ruhig vor mich hin. Nachdem ich wieder aufgewacht war glättete ich meine Uniform und holte mir einen Kaffee, mit dem ich mich zu zwei Kollegen stellte, die mir erzählten, wie sie letzte Nacht einen völlig blauen Mann aufgesammelt hatten, der sich beinahe ins Wasser gestürzt hätte um eine Katze in Form eines Müllsacks zu retten. Ich grinste amüsiert, während sie lachten, doch als ich gerade wieder gehen wollte, meine Schicht war vorbei und ich sollte wohl Nachhause gehen, auch wenn ich irgendwie keine Lust dazu verspürte, fiel der Name des Betrunkenen, der mich aufhorchen ließ. Kaito Kuran. Das kann nicht sein. Kaito war seit fünf Jahren wie von der Bildfläche verschwunden gewesen, Ayumi und auch Valentina hatte das schwer getroffen, unmöglich also, dass er gerade jetzt in der Ausnüchterungszelle ausgerechnet meines Departments saß. Meine Füße trugen mich wie von selbst dahin und als ich in die Zelle sah saß er tatsächlich da, kein Zweifel. Er war deutlich gewachsen und wesentlich muskulöser als ich ihn in Erinnerung hatte, ich hatte ihn allerdings auch vor seinem verschwinden nur selten genau gesehen, aber die weiß-gräulichen Haare und vor allem die verschiedenfarbigen Augen waren eindeutig, vor allem zusammen mit diesem Namen. Er sah... gut aus. Wirklich, wirklich gut, auch wenn er in einem fast schon jämmerlichen zustand war, kein Wunder allerdings, so betrunken wie er letzte Nacht wohl gewesen war. Ich fragte mich ob er mich wohl erkennen würde, aber ich konnte ihn hier wirklich nicht einfach sitzen lassen, wir waren beide Mitglieder des SonnenClans, oder waren es gewesen, ich wusste nicht was sein Status im Moment war, aber das verpflichtete, außerdem fiel es mir schwer den Blick von ihm abzuwenden und ich bemerkte, wie ich mir automatisch die Haare zurechtstrich und einen Fussel von der Uniformjacke schnippste, ehe ich richtig in sein Sichtfeld trat, noch recht unsicher wie ich das Gespräch beginnen sollte. Kann Kaito überhaupt noch Gebärdensprache?

Jemand trat an die Zelle heran und ich erhob mich etwas schwankend. Ich mochte absolut am Boden sein und noch ein wenig den Restalkohol in meinem Blut spüren aber ich hatte noch immer meine Ehre. Ich machte meine Schultern etwas breiter und starrte feindselig nach vorne. Gerade wollte ich schon meinen Unmut bekunden - das ich hier wirklich keinen Bullen brauchte der mich anstarrte und das er sich verziehen sollte. Doch bevor ich meinen Mund öffnen konnte bemerkte ich das ich den Bullen in diesem Fall sogar kannte. Ist das Sandy?
"Sandy!?"
Sandy war in der Tat zu einem großen Mann herangewachsen - ungefähr meine Größe hatte er wenn ich schätzen müsste. Dort wo zuvor noch Babyspeck vorhanden gewesen war, befanden sich nun Muskeln über Muskeln. Ich schluckte als ich noch nicht ganz richtig im Kopf meinen Blick mehr als nur auffällig langsam über ihn gleiten ließ. Dazu trug er noch diese verflixte Uniform. Eigentlich hatte ich von Grund auf gegen jede Form der Autorität etwas, aber ich konnte nicht verhindern zu schlucken als ich ihn darin sah. Er wirkte erwachsener, stärker und wie jemand der sein Leben im Griff hatte. Die Uniform ließ ihn noch erhabener wirken und noch mehr als das - verboten. Er ist nicht ernsthaft wirklich zur Polizei gegangen? So sehr ich Autorität hasste so wenig konnte ich mich daran hindern meinen Blick ein Mal extra über die Details der Uniform gleiten zu lassen. Sandys Augen waren jedoch das an was ich ihn erkannt hatte. Golden, warm und freundlich. Wären die Zellenstangen nicht zwischen uns gewesen wäre mein erster Impuls eine herzliche Umarmung gewesen. Scheiße, sieht der inzwischen heiß aus.
"Scheiße, sieht der inzwischen heiß aus."
Viel zu spät bemerkte ich das ich zu meinen Gedanken wohl auch meinen Mund bewegt hatte und meine Augen weiteten sich in purem Schock. Ich stolperte einen halben Schritt zurück und machte dabei Bekanntschaft mit der unnachgiebigen Wand der Ausnüchterungszelle. Mein Kopf schwirrte gleich noch mehr - zuvor auch aus anderen Gründen. Ich war einfach noch vollkommen fertig und trotzdem war mein Puls ungefähr auf 180. Uh oh. Passend zu meinen doch etwas direkteren Worten, die eigentlich nur als Gedanken geplant gewesen waren, spürte ich wie mir das Blut ordentlich in die Wangen schoss. Sie fühlten sich nahezu unerträglich glühend heiß an. Jämmerlich, wie ich auch war, ließ ich ein leises Winseln hören.
"Oh Hilfe… Das habe ich jetzt nicht laut gesagt oder?"
Autsch! Wieder mein armer Kopf! Ich bin noch zu dicht für all das hier... Hilfe? Irgendjemand? Ein Loch möge sich auftun und ich darin versinken!

Kaito erkannte mich sehr wohl, was mich erfreut und erleichtert lächeln ließ, sein langsamer, musternder Blick machte mich dann aber doch etwas nervös und ich hoffte, dass ich keine Falten in meiner Uniform hatte, oder gar Flecken. Warum es mir so wichtig war, dass ich einen guten Eindruck machte war etwas worüber ich mir lieber keine Gedanken machen wollte. Dann aber sprach Kaito wieder und ich lief, so wie er schließlich auch Feuerrot an vor Verlegenheit. Es war nicht so, dass ich nicht grundsätzlich wusste, dass ich recht gut aussah, ich war groß, muskulös und hatte gerade jetzt eine Uniform an, die mir gut stand, aber trotzdem bekam ich in meinem Leben nicht so oft Komplimente, zumindest keine, die wirklich etwas zu bedeuten schienen, Nahuel gab mir gar keine Komplimente mehr, also hatte ich es vor einer Weile selbst auch resigniert aufgegeben ihm welche zu machen, er reagierte ja auch immer gleich, auch wenn ich natürlich immer noch fand, dass ihm so viele Sachen gut standen, dass seine Haare toll aussahen, dass sein Körper wunderschön war, aber nach einigen Jahren hatte ich dann doch die Energie dafür verloren. Nun also von jemandem zu hören dass ich attraktiv, heiß, aussah war ungewohnt und machte mich verlegen. Ein Glück, dass ich nicht vor mich hinstammeln konnte, sonst hätte ich das jetzt sicherlich getan. Ich konnte mich also etwas sammeln, durchatmen und dann die Hände heben. Schauen wir mal, ob er noch versteht was ich sagen will. Hallo K, lange her. Sowie ich das gedeutet hatte wurde ich unsicher. Hätte ich andere Gesten nutzen sollen? Das klang dumm so, oder? Was mag Kaito jetzt denken? Hätte ich doch so etwas sagen sollen wie "Du auch" und das Kompliment zurück geben?

Die sonst eher golden-scheinende Haut von Sandy wandelte sich zu einem feuerroten Ton - den ich ebenfalls wieder spiegelte. Mein noch nicht wirklich fitter Kopf machte mich auch lieber auf den Fakt aufmerksam wie süß er mit erröteten Wangen aussah. Ein Glück das er nicht sofort antwortete denn ich wusste gar nicht wohin mit mir. Nicht hilfreich! Ich schluckte und sah aufmerksam zu seinen Händen als er sie hob. Ich hatte Gebärdensprache schon lange nicht mehr benötigt, aber den kurzen Satz verstand zum Glück auch ich. Und er sprach mein Malheur meine Gedanken laut auszusprechen auch nicht an. Ich nickte als Bestätigung das ich ihn verstanden hatte.
"Ich bin erst gestern wieder gekommen, in die Villa."
Ich sah kurz auf meine Schuhe und dann wieder zu Sandy. Die Schuldgefühle spiegelten sich klar in meinen verschiedenfarbigen Augen wieder.
"Tut mir echt leid, dass wir uns so wiedersehen. Ich glaube ich habe gestern zu viel erwischt, zumindest weiß ich nicht wie ich hier gelandet bin. Ich habe einfach gar keine Ahnung was gestern am Abend passiert ist."
Ich ruiniere auch wirklich alles. Mein Kopf schmerzte immer noch ziemlich - besonders nach der etwas zu harten Begegnung mit der Wand hinter mir. Jedoch riss ich mich nun am Riemen und machte einige Schritte auf Sandy zu. Zumindest bis ich von den Stangen der Ausnüchterungszelle aufgehalten wurde. Ich legte meine Hände fest um die unnachgiebigen Stangen, die uns trennten.
"Du hast Recht, wir haben uns schon echt lange nicht mehr gesehen. Aber ich bin froh, dich wiederzusehen. Ich hatte schon Angst, das ich gar niemanden mehr kenne."
Der Alkohol hat ganz schön meine Zunge gelockert. War auch kein Wunder, das alles musste nach draußen. Zumindest fühlte es sich so an. Ich schämte mich allerdings schon dafür hier direkt von einem weiteren Clan-Mitglied gesehen zu werden. Hinter Gittern.
"Ich würde dich ja gerne umarmen, aber..."

Mitleid stabd nun in meinen Augen, als ich sah wie fertig Kaito war, nicht nur wegen seines Hangovers, sondern wegen einer ganzen Geschichte, die sich um seine Rückkehr zu spannen schien. Es ist schön dich wieder zu sehen. Damals waren wir beide noch Teenager gewesen mit unseren eigenen Problemen, wir hatten uns nie viel miteinander beschäftigt, aber ich hatte noch immer den schmalen Jungen in Erinnerung, der Kaito eindeutig schon lange nicht mehr war, sogar mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf sah ich wie die leicht ausgebildeten Muskeln unter seiner helleb Haut spielten. Hör auf so zu starren. Laut meinen Kollegen, die dich eingesammelt haben, mussten sie dich davon abhalten in den Fluss zu springen. Ich benutzte möglichst einfache Gesten, bis ich sicher war wie gut Kaito meine Sprache noch verstand. Ich musste allerdings lächeln, als der andere Mann an die Gitterstäbe herantrat und nun dicht vor mir stand, nur getrennt durch etwas Metall. Ich freue mich auch, es ist ewig her. Die Vorstellung einer Begrüßungsumarmung zog sehnsuchtsvoll an meinem Herzen. Ich hungerte förmlich nach Berührungen, Berührungen, die mir jemand wirklich freiwillig schenkte und nicht so gefühlt erzwungen, wie es bei Nahuel in letzter Zeit immer wirkte, nachdem er plötzlich wieder angefangen hatte mich von sich aus anzufassen. Das lässt sich nachholen, ich hole dich da raus. Warte kurz. Ich drehte mich um, um den zuständigen Kollegen suchen zu gehen.

Die gedeuteten Zeichen ließen in meinen Blick auch etwas Hoffnung einfließen und ich nickte beinahe ungläubig. Es war mir extrem schwer gefallen Ayumi dabei zu zuhören - wie unsicher sie geklungen hatte als sie mir bestätigt hatte, dass sie sich über meine Rückkehr freute. Aber nicht weil ich ihr daraus einen Vorwurf machte oder machen wollte. Die Schuld lag vollkommen auf meiner Seite. Ich hatte es auch gar nicht verdient, das sich jemand über meine Rückkehr freute. Es ist alles deine Schuld. Ich fühlte mich bei Sandy wie mit den Leuten mit denen ich auf die öffentliche Schule gegangen war. Ich hatte ihn schon seit über 5 Jahren nicht mehr gesehen und er wirkte so vollkommen verändert.
"In den Fluss springen? Ich muss richtig dicht gewesen sein..."
Immerhin war ich nicht lebensmüde. Wenigstens das nicht. Was für ein Idiot war ich gestern bitte?
Ich hatte nun wieder die Möglichkeit das Gesicht von Sandy genauer zu mustern. Sein Kinn war spitzer geworden und wie der Rest seines Körpers deutlich mehr definiert. Man sah sogar an seinem Hals die Muskelansätze seiner Schultern. Trotzdem passte er mit seinen Augen so gar nicht in das feindselige Bild das ich von Bullen hatten. Sie waren noch immer vollkommen sanft wie die Augen einer Babykatze. Er ist so süß und heiß zur gleichen Zeit. Wie funktioniert das überhaupt? Nicht all seiner Zeichen verstand ich sofort, aber ich konnte mir den Rest bisher ganz gut zusammen reimen.
"Sandy!"
Ich rief ihm nach als er sich sofort umdrehte, um sich auf den Weg zu machen.
"Danke, wirklich. Danke!"
Es war so viel besser als Ayumi oder Valentina darum bitten zu müssen. Wenigstens konnte Sandy für mich bürgen und ich hoffte sehr, dass ich meinen Kram auch wieder bekam. Wie mein Handy zum Beispiel. Ob ich gestern wenigstens Bilder gemacht habe? Ich wollte mich außerdem in meiner Handy-Kamera betrachten. Ich sah sicherlich vollkommen erbärmlich aus. Ein Wunder, dass er dich überhaupt erkannt hat. Ich ließ mich etwas sacken und lehnte meine Stirn gegen die kühle Eisenstange vor mir. Erst jetzt bemerkte ich den stechenden Schmerz in meiner Seite und zog verwundert mein schwarzes T-Shirt hoch. Unter dem Stoff kam langsam ein großer blauer Fleck direkt neben meinen inzwischen leicht definierten Bauchmuskeln zur Schau. Autsch! Wie ist das gestern denn passiert? Ich war in den Club gegangen, das wusste ich noch, aber alles andere war mir mehr als rätselhaft.

Ich hielt inne, als Kaito meinen Namen rief und drehte mich fragend zu ihm um, ehe ein Lächeln wieder meine Züge erhellte und ich dem anderen Vampir zuzwinkerte. Kein Problem. Die Sache war schließlich schnell geklärt, ich bürgte für Kaito und bekam die Erlaubnis ihn rauszulassen, ebenso wie auch ihm seine Sachen zurück zu geben, die ich nun in die Händen trug, als ich zurück kam und die Zellentüre für Kaito öffnete. Da ich so nicht deuten konnte hielt ich ihm erst einmal seine Sachen hin und sah ihn auffordernd an, dass er sie nehmen sollte. Nun trennten uns keine Gitterstäbe mehr und ich hoffte sehr auf die versprochene Umarmung, sobald Kaito seine sieben Sachen verstaut hatte.