Alles in Ordnung, Masch, ich bleibe., schnitt ich sofort ruhig ein, während ich ihn nun etwas näher an mich heranzog. Er mochte es vielleicht nicht begreifen können, aber ich würde ihm seine Wünsche von den Augen ablesen, wenn ich könnte, seinen schönen, blauen Augen. Es würde mir schwerfallen überhaupt zu etwas von ihm "Nein" zu sagen, auch, weil ich bisher das gar nicht gewollt hatte. Ich seufzte leise, als ich hörte, wovon er sprach. Eli, Eli, Eli. Dieses Weib rutschte immer tiefer und tiefer in meiner schon nicht vorhandenen Sympathieleiste, also unterbrach ich Masch direkt, Was ist, wenn du jemanden brauchst? Wenn du deine Fähigkeiten überhaupt entdecken möchtest? Wenn du reden möchtest?

Es entglitten mir wirklich selten die Gesichtszüge, aber man konnte meinen Blick wohl nicht anders als entsetzt bezeichnen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Masch irgendjemand etwas grausames angetan hatte, viel weniger von seiner eigenen Schwester, die er wortwörtlich auf Händen zu tragen schien und das trotz seinem zustand. Warum ist Eli wichtiger als du?, fragte ich, meine Stimme war, ruhig, extrem ruhig, beinahe ein Flüstern, es fühlte sich beinahe so an, als ob bei seinen Worten ein ganzer Ruck durch meinen Körper gegangen war, als hätten seine Worte die Macht gehabt eine richtige körperliche Reaktion auszulösen. Etwas in mir zog sich zusammen, es war ein Gefühl, das ich in dieser Form schon sehr lange nicht mehr erfahren hatte. Masch, wie willst du für sie da sein, wenn von dir nichts mehr übrig ist?

Du kommst nicht klar. Du bist jetzt nicht in Ordnung und du warst damals nicht in Ordnung., sagte ich direkt und ohne jede Umschweife, wir hatten schon darüber gesprochen, ich hasste es, wenn mir jemand etwas vormachte. Er konnte meinen, seinen Zwillingsschwester, wer auch immer dieses Miststück war, etwas vormachen zu müssen, aber nicht mir. Ich sah, wie er nicht klar kam, ich hatte es in der Gasse in der Nähe der Sirène gesehen, in meinem Bett, wie es sich bei einem vollkommen Fremden ausgeheult hatte, oder wie er über sich sprach, auch jetzt gerade schon wieder. Wenn du denkst, dass du damit fertig wirst, während du alles jemand anderem gibst, was du hast, ohne dir selbst zu helfen, weiß ich nicht, was ich dir sagen soll, außer... ich habe solche Leute gesehen. Haufenweise auf der Straße. Und sie sind alle tot., meinte Stimme war nicht laut, sie war eher sanft und eine Mischung aus traurig und bitter, aber ein leises Winseln kam aus meiner Kehle, wie das von einem getretenen Hund, ein Geräusch, das mich etwas selbst erschrak, bevor ich leise hinzufügte, Ich will dich nicht so sehen, Masch.

Es war schwierig Masch überhaupt zuzuhören, als er seine Stimme wieder erhob, nachdem er ganz langsam aus- und eingeatmet hatte. Ich ließ niemanden so nahe an mich heran, ich ließ mich nicht von den Gefühlen anderer beeinflussen oder kümmerte mich groß um sie, jeder war für sich selbst und seine Taten verantwortlich. Ich würden jeden beschützen, der es wirklich notwendig hatte, ich würde nicht danebenstehen oder wegsehen, aber hier war es eine vollkommen andere Situation. Ich ließ niemanden an mich heran, auch, weil ich damit nicht umzugehen wusste. Es nahm mir ein bisschen den Atem weg, diese weichen Gefühle, die ich spürte, die ich schon sehr, sehr lange nicht mehr gespürt hatte. Masch, bitte, lass mich dir helfen., sagte ich mit leicht rauer, heißerer Stimme, Lass mich dir etwas von deiner Last abnehmen. Ich hatte das Wort "bitte" wahrscheinlich zuletzt vor Jahrzehnten ausgesprochen, ich war nicht jemand, der um etwas bat, aber es war das einzige Wort, das mir in den Sinn gekommen war. Ich konnte ihm nicht helfen, wenn er nicht wollte, aber ich wollte darum bitten. Ich wollte versuchen es zu tun.

Dass er nicht wusste wie, das war vollkommen in Ordnung, ich hatte keine Erwartungen an ihn, ich hatte sie allerdings sehr wohl an mich, wenn Masch bereit war mich ihm helfen zu lassen, dann würde ich auch einen Weg finden das zu tun. Nein, nicht nur einen Weg, auch die richtigen Zeitpunkte, die richtigen Arten und Weisen, ich würde alles probieren, was ich konnte. Ich sah zu Masch hinab, er hatte so viel mitgemacht, ich hoffte sehr ihm diese Last abnehmen zu können. Es ist okay., sagte ich schließlich, Ich werde einen Weg finden wo, eine Möglichkeit wann, eine Art und Weise wie. Lass mich darum kümmern. Ich wartete kurz ab, bevor ich noch etwas hinzufügte. Wenn du es mir erlaubst.

Du musst mir jetzt nicht glauben. Worte bedeuten nichts, Taten tun es. Man konnte immer groß daherreden, wie man jemandem helfen wollte, es hatte doch keinen Wert, wenn man es nicht tat. Deswegen war ich meistens vielleicht unfreundlich, aber ich würde niemals jemanden in einer Gosse alleine lassen, der Schutz notwendig hatte. Ihm zu versprechen ihn zu beschützen war wertlos, wenn man es nicht tatsächlich tat. Schlaf noch etwas., sagte ich leise, Dann begleite ich dich nachhause. Das hatte ich schließlich noch immer vor, ob jetzt nur um seine Sachen zu holen, oder weil er dort bleiben wollte, ich würde mich ihm nicht aufdrängen, es stand mir nicht zu. Ich würde nichts tun, was gegen seinen Willen war, aber ich würde auf ihn aufpassen.

Meine Arme noch immer fest um Masch herum, rückte ich ein Stück nach hinten, wobei ich darauf achtete ihn dabei nicht zu sehr zu bewegen, um mich an die Wand hinter meinem Bett zu lehnen. Ich hatte letzte Nacht immerhin nicht geschlafen, also lehnte ich mich dort an und döste ein wenig, würde allerdings jederzeit wieder aufwachen, sobald sich Masch bewegte, er etwas brauchte oder sonst etwas los war. Ich hielt ihn einfach in meinen Armen, während er hoffentlich dieses Mal ein wenig ruhiger schlief.