Sofort schüttelte ich den Kopf, denn es war absolut notwendig, Ayumi war mein Date und ich wollte sie auch so behandeln wie eines, es war mir sehr wichtig, einen guten Eindruck zu machen, ich war oft nicht so gut darin mich mit Worten auszudrücken, also mussten Taten manchmal reichen. Ich verlagerte mein Gewicht wieder deutlich mehr auf meinen Gehstock, während ich die Autotür schloss und das Auto noch abriegelte, bevor ich Ayumi wieder meinen Arm anbot. Es ist wirklich gut., bestätigte ich ihr, denn zu ihrem Glück kannte ich tatsächlich den ehemaligen Besitzer, ich hatte einmal einen Fall für ihn angenommen, vor langer Zeit, trotzdem kannte man hier meinen Namen. Wir gingen also auf die Tür zu, wo uns allerdings jemand davon abhielt das Restaurant zu betreten. Ein Mann mit strengem Blick trat in unseren Weg oder eher in meinen und ich musste etwas ruckartig stehenbleiben, mein Griff fest auf meinem Gehstock. "Guten Abend, die... Damen-", sprach er mit Zweifel in seiner Stimme bei dem Wort "Damen", als ob er den Status anzweifeln würde, während sein argwöhnischer Blick zu Boden wanderte und ziemlich sicher bei Ayumi's Füßen zu ruhen kam. Doch meine Persönlichkeit war wie gewandelt, es war wie wenn ich im Job unterwegs war, ich konnte eben auch ganz schön zeigen, wo es lang ging. Mit einer Bewegung, die man sich so schnell und elegant nicht erwartet hatte, hob ich meinen Gehstock und ließ ihn direkt neben den Mann an den Türrahmen donnern. Augen nach hier oben., sprach ich ihn direkt an, ich sah ihm nicht in die Augen, aber das musste ich auch gar nicht, Ich habe im Vorhinein reserviert... auf Dumort. Ich senkte meinen Gehstock wieder zu Boden und stützte mich darauf, als wäre nichts geschehen, während der Mann sofort nickte und beiseite trat, offenbar war ich überzeugend genug gewesen. "Natürlich, bitte entschuldigen Sie mich, Madame Dumort."

Ich hängte mich bei Victorine ein und schüttelte amüsiert Lächelnd über sie den Kopf, doch wenn sie meinte würde ich sie gerne machen lassen was sie glücklich stimmte. Wenn ich ehrlich war hatte ich gar nicht daran gedacht, dass die Tatsache, dass ich keine Schuhe trug, hier ein Problem sein könnte. Ich trug nie Schuhe, wenn ich nicht gezwungen wurde, ich merkte es gar nicht, dass ich anders herumlief als andere, das wurde mir erst jetzt ins Gedächtnis gerufen, als einer der Angestellten, das musste er jedenfalls sein, sich uns in den Weg stellte und mehr als deutlich auf meine gewiss etwas dreckigen Füße sah. Ich überlegte eben noch was ich sagen sollte, als meine Begleitung den Angestellten sehr effektiv dazu brach sein Verhalten zu verändern. Ich war einen Moment fast erschrocken, als ihr Stock gegen den Türrahmen knallte, doch sah ihr dann mit großen Augen und leicht geröteten Wangen zu, wie dominant und selbstsicher sie die Sache klärte. Oh Gott... war das heiß. Ich schwieg und sah Victorine nur bewundernd, oder viel mehr anbetend, an, während mir bei diesem Schauspiel ganz anders geworden war, regelrecht wuschig.

Warum genau Ayumi keine Schuhe trug, wusste ich nicht, es war mir bei unserer ersten Begegnung auch sofort aufgefallen, aber wir hatten auch schließlich noch viel zu besprechen, so viel, dass ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte, denn es interessierte mich eigentlich so ziemlich alles an ihr. Es war mir wenn ich ehrlich war auch vollkommen egal, Ayumi durfte so sein, wie sie mochte, sie war immerhin trotzdem eine wunderschöne Frau und wahrscheinlich bessere Gesellschaft als die meisten anderen Leute in diesem Restaurant. Wir traten also an dem Mann vorbei und wurden schnell von einer der Bediensteten dort empfangen, die uns zu unserem Tisch führen sollte. "Willkommen, die Damen, bitte folgen sie mir.", empfing sie und freundlich und professionell und ich bemerkte erst jetzt den Blick von Ayumi, der mich ein wenig verlegen zur Seite sehen ließ. Er war sehr unfreundlich., erklärte ich nur und räusperte mich leicht, noch immer verlegen, während uns die Dame unseren Tisch zeigte. Sie ging ein wenig zu schnell, aber schneller konnte ich eben nicht, also folgten wir ihr mit einem gewissen Abstand hinterher. Unser Tisch war direkt an einem schönen Fenster, aber etwas weiter im Eck, ruhiger als bei den anderen Tischen.

Wir folgten nun einer Bediensteten, die uns zu unserem Tisch bringen wollte und ich bemerkte erst als Victorine wieder etwas sagte wie ich sie anstarrte. Ich errötete gleich noch mehr und sah auf den Boden vor uns. Danke, dass du mich verteidigt hast.

Ayumi wurde rot, was dann doch wieder meinen Blick auf sie zog und ich sah zu ihr das letzte Stück nach oben, das auch meine hohen Schuhe definitiv nicht einholen konnten, Ayumi war generell eine sehr große Frau, vor allem im Gegensatz zu mir, aber gerade konnte ich nicht anders, als fasziniert ihr abgewandtes errötetes Gesicht zu mustern. Sie war sehr... süß, das war das richtige Wort, dachte ich zumindest. Ich habe nichts dagegen, dass du keine Schuhe trägst. Das sollte er auch nicht. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, um dann zu fragen. Aber warum trägst du keine?

Da bin ich sehr froh, ich will das nämlich gar nicht gerne ändern. Ich sah Victorine etwas von der Seite an, doch eine Spur scheu. Es war mir nicht peinlich keine Schuhe zu tragen, denn das hatte ich immer schon so gehalten, aber ich wollte Victorine einfach gefallen. Ihre Frage brachte mich einen Moment dazu nachzudenken, denn ich hatte so dafür keine wirkliche Antwort parat. Ich bin mir selbst nicht ganz sicher, ich glaube einfach, weil ich gerne spüre worauf ich laufe. Und weißt du, wenn ich im Wald bin spüre ich so einfach noch stärker die Verbindung zur Natur. Das klingt ziemlich blöd, oder?

Du sollst auch nichts an dir ändern., kam es sehr schnell von mir, etwas zu schnell vermutlich, aber Ayumi interessierte mich und wenn ich eine Sache nicht konnte, dann war das Unehrlichkeit, ich war immer sehr direkt, was allerdings mehr als nur meinem Charakter geschuldet waren, aber trotzdem war es mir wichtig, dass es auch bei anderen so war. Wenn sie mich von der Seite so ansah, erinnerte ich mich wieder, dass ich doch um einiges älter war als sie, nicht weil sie mir so jung vorkam, sie wirkte wie ein sehr gebildete und auf ihren beiden, nackten, Füßen stehende junge Frau, aber theoretisch kamen wir trotzdem aus zwei ganz anderen Welten. Nein., antwortete ich ihr ganz selbstverständlich auf ihre Frage, denn es wirkte nicht dumm auf mich, In Korea trägt man in Gebäuden auch keine Schuhe, sogar in der Arbeit oder in der Schule. In manchen Kulturen gilt Barfüßigkeit sogar als Symbol des Friedens. Die Frau blieb schließlich stehen und wartete auf uns, etwas ungeduldig, bis wir da waren. "Die Damen, Ihr Tisch."

Ich lächelte nun wieder und sah Victorine erneut direkt und offen an, beruhigt durch ihre Worte, ich schien ihr wegen dieser Eigenart nicht zu missfallen und das heiterte mich schlagartig auf. Oh sehr gut, das beruhigt mich wirklich, ich wusste gar nicht, dass man in Korea so oft Barfuß geht. Die Frau, die uns zu unserem Ecktisch geleitet hatte, war nun stehen geblieben, es war mir gar nicht aufgefallen, wie viel langsamer als sie wir gegangen waren, ich hatte mich einfach instinktiv an Victorines tempo angepasst, ich hatte ja auch keinen Stress irgendwohin zu kommen, das hatte ich eigentlich nie. Umso weniger gefiel mir wie ungeduldig unsere Führerin war und ich zog die Nase kraus, immerhin waren wir zahlende Kunden. Danke sehr. Mein Tonfall war allerdings doch etwas kühler, als er es für gewöhnlich war, auch wenn ich mich sehr bemühte trotzdem freundlich zu bleiben.

Es gilt als respektlos seine Schuhe anzulassen. Jedes Land und jede Kultur hatten eben ihre eigenen Ideen, was Respekt war oder was eine gute Arbeitsmoral, eigentlich war sich sowieso niemand einig. Es war anstrengend, aber ich hatte eigentlich zum Beispiel gerade bei diesem Thema nur die positiven Erzählungen von meinem Vater im Kopf, wie er meine Mutter beschrieben hatte, wie sie leichtfüßig ohne Schuhe durch die Gegend getänzelt war. Sie war allerdings schon immer ein Freigeist gewesen. Ich ignorierte die ungeduldige Kellnerin, es war mir vollkommen egal, aber sie rümpfte nicht gerade angetan die Nase, als sie den Tonfall von Ayumi hörte, sagte aber zu ihrem Glück nichts zu ihren nackten Füßen. Ich ging also um den Tisch herum und rückte mit einer Hand den Stuhl für Ayumi zurecht, wie es sich meiner Meinung nach auch gehörte.

Dann will ich mal froh sein, dass ich dir nicht respektlos rüber komme. Ich grinste etwas, als ich das sagte und unterdrückte dann ein Lachen, als Victorine den Tisch umrundete und mir einen Stuhl zurecht zog. Damit hab ich jetzt irgendwie doch schon gerechnet. Ich folgte meiner Begleitung und ließ mich mit wehenden Rockschössen auf dem Stuhl nieder. Vielen Dank.

Tust du nicht. Respekt ist ein persönliches Konzept., antwortete ich vollkommen ernst, aber es war auch so, als Privatdetektiv musste ich öfters den Respekt von anderen verletzen, es lag einfach in meiner Berufung, so war das eben, aber natürlich wollte ich vor Ayumi auch einen guten Eindruck machen. Ich bemerkte allerdings ihr Grinsen und war ein klein wenig verwirrt, ich war mir nicht ganz sicher, worauf sich das bezog, aber ich war froh, dass Ayumi sich setzte und nickte ihr auf ihr Bedanken hin zu, bevor ich ihr den Stuhl noch zurechtrückte und nahm dann gegenüber platz. "Kann ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen?" Ich sah etwas vorsichtig zu Ayumi hinüber. Magst du Wein?

Victorine hatte völlig recht, aber mein Punkt stand natürlich trotzdem, denn ich wollte ihr nicht zuwider sein, ich war also sehr froh darüber, dass ich es offenbar bisher nicht war. Das wird ja hoffentlich auch so bleiben. ich schlug die Beine übereinander und lächelte Victorine dann an, als sie mir gegenüber saß, ehe ich kurz zur Bedienung hochblickte, ehe ich erneut meine Begleitung ansah. Warum nicht? Suchst du einen aus? Ich kannte mich mit Wein wirklich nicht aus, ich hatte nichts gegen den Geschmack, aber ich trank sonst einfach eher andere Sachen.

Das entlockte mir doch nun tatsächlich ein leichtes Lächeln und ich klappte die Karte gar nicht erst auf, denn ich wusste bereits, was für einen Wein ich wollte. Ich liebte Wein, aber zwei bestimmte hatten es mir besonders angetan, weshalb ich mich an die Frau wandte, ich sah ihr dabei nicht direkt in die Augen, aber das kleine Lächeln blieb tatsächlich. Eine Flasche Meursault und dazu selbstverständlich eine Flasche Wasser., forderte ich sehr direkt, bevor ich mich erinnerte, noch etwas hinzuzufügen, Bitte. Diese Formalitäten kamen für mich nicht besonders natürlich, ich musste mich immer aktiv daran erinnern, nach einigen Jahren ging es allerdings so halbwegs, die Frau schien aber zumindest nichts gegen meinen Weingeschmack zu haben und verabschiedete sich mit einem Nicken. Ich sah nun zu Ayumi, genauer gesagt ungefähr auf die Höhe ihrer Schultern, und überlegte, ob ich etwas sagen sollte und wenn ja, was ich überhaupt sagen sollte. Ich lehnte meinen Gehstock an meine Stuhllehne.

Mir sagte Victorines Wahl nicht viel, aber es schien kein schlechter Wein zu sein, den sie da ausgesucht hatte. Die Bedienung verließ uns wieder und ich legte die Unterarme locker auf das Tischtuch vor uns. Jetzt bin ich aber sehr gespannt was du da ausgesucht hast.

Ich nickte vorsichtig, es war immerhin einer meiner Lieblingsweine. Okay, konzentriere dich. Sie wollte über Shion sprechen und über deine Beförderung., rief ich mir in Erinnerung, aber ich war mir einfach nicht sicher, mit was ich beginnen sollte, ich fing normalerweise eigentlich keine solchen Gespräche an.