Der Wald scheint gut zu dir zu passen. Vielleicht hatte mein Satz auch etwas mehr Bedeutung, als nur das, immerhin fand ich, der FichtenClan im Allgemeinen würde sehr gut zu Ayumi passen, allerdings verstand ich natürlich, dass sie sich in einem verstrickten Netz voller verschiedener Loyalitäten zum SonnenClan befand, neben ihrer Familie, natürlich auch noch ihre Freunde wie Sandy. Aber es war nun einmal die Wahrheit, Ayumi mit ihrer Fähigkeit, sie war quasi wie geschaffen für den FichtenClan. Ich sah mich nachdenklich um und blieb dann stehen, um nach vorne zu deuten, wo sich gerade zwei Rehe dem Wegrand genähert hatten.

Er ist einfach wunderbar. Mit einem glücklichen Seufzen atmete ich tief die würzige Waldluft ein und genoss den weichen Boden unter meinen nackten Füßen. Auch ich bemerkte die beiden Rehe und hielt neben Victorine inne, um die Tiere mit einem leichten Lächeln zu beobachten. Sie sind wunderschön. Meine Stimme war kaum mehr als ein Wispern, ich wollte die Rehe nicht erschrecken, dafür waren sie viel zu schön.

Es war gut für mich stehenzubleiben, denn es gab mir die Gelegenheit mich etwas fester auf meinen Gehstock abzustützen, da ich mich einfach nicht bei Ayumi abstützen wollte. Daher bot auch ich ihr meinen Arm an, ich lebte schon seit vielen Jahren mit meiner inkompletten Querschnittslähmung und ich kam sehr gut alleine zurecht. Ich konnte allerdings nicht anders, als statt die Tiere länger zu betrachten, stattdessen leise das Gesicht von Ayumi von der Seite aus zu mustern. Sie sah mich gerade nicht an, was mir die Zeit gab auch ihre Augen etwas näher zu betrachten, sie schienen gerade regelrecht blau zu strahlen, ihre braunen Haare fielen ihr leicht ins Gesicht, ihre Gesichtszüge waren weich und entspannt, sie hatte ein edles spitzes Kinn, feine Lippen, die ich ebenfalls musterte.

Die beiden schreckhaften Tiere taten sich an den frischen Spitzen der Büsche gütlich und immer wieder sah eines von ihnen sich um, aber nichts schien sie gerade zu stören, wenn sie uns bemerkten schätzten sie uns momentan kaum als Gefahr ein. Ich liebte die Natur über alles, vorrangig natürlich die Pflanzen, aber ich mochte auch die anderen Wesen des Waldes. Viele Stunden meines Lebens hatte ich bereits im Wald verbracht, meistens auch ganz alleine, und ich hatte nicht vor das aufzugeben, nur vielleicht ab sofort auch immer wieder in Begleitung der wunderschönen Frau neben mir, wenn diese dazu bereit war. Schließlich knackste es ein Stück weiter im Gebüsch und die beiden Rehe sprangen davon. Ich wandte den Blick wieder zu Victorine und bemerkte, dass sie mich anstarrte, so intensiv, dass mir jegliches Wort auf den Lippen erstarb, das ich eigentlich hatte sagen wollen.

Wie ein (leider nun nicht mehr anwesendes) Reh im Scheinwerferlicht, starrte ich Ayumi direkt in die Augen, etwas, das ich sonst vermied um jeden Preis, weil ich mich irrsinnig schwer damit tat den Augenkontakt zu einer anderen Person zu halten, aber gerade war ich förmlich gefangen von Ayumi's großen blauen Augen, zwischen denen ich unsicher hin- und hersah. Wie ein Fisch an Land öffnete ich meinen Mund, nur um ihn ganz hilflos wieder zu schließen und mir langsam das Blut in die Wangen schoss, die sich natürlich sofort wieder rot färbten, bevor ich beinahe herausschrie, Deine-Augen-sind-wunderschön!

Victorines doch plötzlicher Ausbruch erschreckte mich leicht, doch dann begann ich leise zu lachen, als ich verstand was sie mir da gesagt hatte. es war ein Kompliment gegeben, aber scheinbar hatte sie es nicht richtig herausgebracht. Danke sehr, deine aber auch. Ich sah Victorines Augen nur selten in ihrer vollen Pracht und gerade tat ich es, sie hielten mich sofort in ihrem Bann, gerade weil ich sie so selten nur sehen konnte waren sie umso besonderer.

Als das Lachen von Ayumi schließlich doch meine Ohren erreichte, sah ich ganz schnell verlegen zur Seite, nachdem ich es endlich geschafft hatte mich loszureißen. Ich zog den Kopf ein, ein bisschen wie ein Schildkröte, die versuchte sich zurück in ihren Panzer zuziehen und nickte dann schüchtern, bevor ich langsam wieder vorwärts ging, wobei etwas anderes als langsam sowieso nicht wirklich möglich gewesen wäre.

Ich lächelte immer noch, als.ich Victorine folgte und mich automatisch ihrem Tempo anpasste, ohne groß darüber nachzudenken. Du bist so süß, weißt du das? Du kannst so dominant sein und trotzdem kommt deine Schüchternheit irgendwann wieder zum Vorschein, das mag ich wirklich gerne an dir. Ich sah meine Begleitung von der Seite aus an, mein Blick war voller Zuneigung für sie. Dann fiel mir allerdings noch etwas ein, das mich strahlen ließ. Wie stehst du eigentlich zu Blumenschmuck?

Ich... Ja? Ich wusste gar nicht so recht, was ich darauf sagen sollte, es war immerhin nicht so, als ob viele Personen mich jemals als "süß" bezeichnet hätten, dominant hatte ich hingegen schon öfters gehört, allerdings hauptsächlich auf der Arbeit, wo ich gerne besonders bossy war. Ich lächelte verlegen etwas in mich hinein, ohne dabei den Blick von Ayumi zu erwidern, aber ich bemerkte ihn und ein warmes Gefühl breitete sich in meinem gesamten Körper aus. Als sie Blumenschmuck ansprach, zogen sich kurz meine Augenbrauen zusammen, bevor mein Blick nachdenklich zum Gebüsch am Wegesrand glitt. Meine Mutter hatte früher welchen. Blumenschmuck aus Heilkräutern, hat mein Vater mir erzählt., erzählte ich beinahe etwas abwesend, Er soll wunderschön gewesen sein.

Mhm. Ich nickte zustimmend und mit einem breiten Lächeln, denn ich meinte meine Worte genau so wie ich sie sagte, ich fand diese Mischung, die Victorine ausmachte, einfach unglaublich erfrischend. Aufmerksam hörte ich dann ihrer Erklärung zum Blumenschmuck ihrer Mutter zu. Wenn du ihn mir beschreibst kann ich vielleicht versuchen einen ähnlichen herzustellen.

Das hat mir noch niemand gesagt., merkte ich schließlich leise an, während ich etwas verlegen durch die Gegend sah, nicht wissen, wo ich hinsehen sollte, aber doch nicht ganz bereit einfach von Ayumi wegzusehen, weshalb mein Blick sie doch immer und immer wieder von der Seite streifte. Meine Stimme wurde ein wenig rauer, als ich leise hinzufügte, Aber ich konnte es spüren, dass es dir gefallen hat, an deinem Blut... es wird immer wieder merklich schneller und... fließt anders. Ein leicht beinahe schon selbstzufriedenes Lächeln legte sich auf mein Gesicht, während ich zu den Bäumen auf der anderen Seite sah. Seitdem ich das Blut aller um mich herum besser wahrnehmen konnte, hatte ich auch die Veränderungen in dem von Ayumi bemerkt. Wann ihr Herz schneller klopfte, wenn sich ihr Blut anders verteilte, sogar wenn sie verlegen wurde. Ich hatte es mir nicht anmerken lassen, aber ich musste zugeben, dass es mich sehr zufrieden stimmte. Hm... Ich runzelte etwas erstaunt die Stirn, das Angebot war sehr... ungewöhnlich, aber ich konnte mir vorstellen, dass Ayumi das auch nicht jedem anbot. Mein Herz klopfte etwas schneller. Die Pflanzen hatten immer alle noch ihre Wurzeln. Sie waren ganz... lebendig., begann ich zu erklären, Sie waren ineinander geflochten und doch frei voneinander, damit man sie einfach über einer Wasserquelle aufhängen konnte. Die genauen Kräuter, die meine Mutter verwendet hatte, waren nicht immer so einfach nachzuvollziehen gewesen, aber trotzdem konnte ich ihr die bekanntesten Beispiele von Heilpflanzen aus der Koryo-Medizin sofort nennen, die ich immerhin jahrelang studiert hatte. Engelwurzen, Zwergkalmus, Ginkgo, Teepflanze, Senegawurzel und Ginseng.

Ein bisschen wurde ich nun doch rot, als Victorine so direkt ansprach wie ich auf ihre verschiedenen Verhaltensmuster reagierte. Ich hob eine Hand und spielte etwas mit den Strähnen, die in mein Gesicht hingen. Kann man es mir denn verübeln? Ich räusperte mich rasch und wandte mich einer Aufgabe zu mit der ich überaus gut zurecht kommen würde, Pflanzen wachsen lassen und sie miteinander verbinden. Also gut, beim Flechten wirst du mir wohl genauere Anweisungen geben müssen, aber ich kann mit all diesen Pflanzen etwas anfangen. Ich hielt an und machte meine Hände frei, ehe ich sie konzentriert ansah und meine Augen zu glühen begannen. Aus meinen Handflächen sprossen nach und nach die gewünschten Pflanzen, ihre Wurzeln lösten sich schließlich auch aus ihnen, wodurch sie auf meinen Fingern zu liegen kamen. Pflanzen mit Wurzeln zu machen war keine Herausforderung, aber es kostete schon mehr Energie und Konzentration das außerhalb der Erde zu tun.

Jetzt gerade fließt es zum Beispiel vermehrt in deinen Wangen., fügte ich beinahe ein wenig grinsend hinzu, während meine eigenen Augen kurz golden aufleuchteten, ich tat es nicht wirklich absichtlich, aber ich hatte durchaus kein Problem damit Ayumi ein wenig zu ärgern. Es war immerhin schön ihre Antwort zu hören, sie ließ mein eigenes altes Herz gleich etwas schneller schlagen und auch wenn sie es nicht so genau hören konnte, so spürte ich es, jeden einzelnen Schlag, sowohl von meinem als auch von ihrem Herzen. Fasziniert beobachtete ich die Pflanzen, wie schnell sie wuchsen und erhaschte auch einen kurzen Blick auf die glühenden Augen von Ayumi, bevor ich kurz etwas überlegte, welche richtigen Worte ich verwenden könnte, um sie zu beschreiben, Ihre Blätter waren ineinander verflochten. Wie eine Girlande. Nebeneinander.

Weißt du das, weil ich rot geworden bin? Ich sah von meiner Arbeit kurz auf, um Victorine anzuschmollen, auch wenn ich es nicht ernst meinte. Dabei bemerkte ich allerdings auch, dass ihre Augen zu leuchten begonnen hatten. Ob ihre zweite und neue Fähigkeit, nach der ich bisher nicht die Chance gehabt hatte zu fragen, wohl gerade aktiviert war? Allerdings musste ich dann bald wieder auf die Pflanzen in meinen Händen sehen, denn ich hatte eben eine Anweisung zum Flechten bekommen, die ich so gut wie möglich umsetzte, die Zungenspitze zwischen die Lippen geklemmt. Etwa so? Ich bemühte mich darum die Pflanzen so sanft wie möglich dazu zu bringen sich miteinander zu verflechten und half ihnen auch mit meinen Fingern dabei.

Der Anblick ist auch sehr ansprechend., sagte ich dazu einfach nur, tatsächlich traute ich mich einmal etwas mehr, da ich mir doch sehr sicher in meinen Fähigkeiten war, auch in meiner neuen, an die ich mich erst gewöhnen musste langsam, aber ich adaptierte mich schnell, zumindest solange es keine sozialen Dinge betraf. Ich beobachtete nun allerdings mit völlig natürlich eher vor Begeisterung leuchtenden Augen die Pflanzen, wie sie sich miteinander verbanden. Ich nickte sprachlos, während ich vorsichtig die Hand nach den Wurzeln ausstreckte.