cf: Die Villa (Zeitsprung)

Gerade hatte ich einen Brief an die beiden anderen Anführer geschrieben und abgeschickt, jedem einen einzelnen natürlich, ich war eigentlich sehr stolz auf mein Werk, ich hatte mich hier auch schon bestens eingerichtet, es fehlte nur noch die ganze Post, die abgearbeitet werden wollte, Shion Watanabe, der vorherige Anführer, hatte doch einiges unbearbeitet gelassen, offenbar gab es auch bereits interessierte Mitglieder, aber zuerst wollte ich mich um eine ganz bestimmte Sache kümmern, meinen Stellvertreter.

Mit einem kleinen Bonsai-Bäumchen in den Händen drückte ich die Tür zu Victorines Büro ohne zu Klopfen mit dem Rücken auf, ehe ich herumwirbelte und den Topf grinsend auf dem Schreibtisch der Anführer ab. FichtenClan? Pflanzen? Duh?

Vollkommen verwirrt musterte ich Mercutio, aber der Bonsai gefiel mir eigentlich sehr gut, das musste ich ihm zugestehen, auch wenn ich nicht wusste, ob er genug Licht bekommen würde hier drin. Ergibt Sinn?, fragte ich nach und hob eine Augenbraue, bevor ich gleich direkt anmerkte, Ich wollte dich sowieso sprechen.

Absolut. Grinsend lehnte ich mich mit der Hüfte gegen Victorines Schreibtisch und verschränkte die Arme vor der Brust. Ach ja? Was gibt's? Wozu brauchst du meine Großartigkeit?

Mit einem interessierten Blick musterte ich das Bäumchen, aber dann war meine Aufmerksamkeit schon wieder bei Mercutio, wie denn auch nicht, während er gegen meinen Schreibtisch lehnte, als gäbe es nicht genug Sitzmöglichkeiten im Raum. Möchtest du mein Stellvertreter werden?, fragte ich einfach vollkommen direkt und blinzelte dann einmal, als wäre das nicht eine seltsame Anfrage so direkt und jetzt. Ich kannte da keine Zurückhaltung, aber bei Mercutio hatte ihn das bisher noch nie irritiert.

Es war weniger Victorines Direktheit die mich überraschte, sondern tatsächlich ihre Frage, denn diese hatte ich wirklich nicht erwartet. Ich grinste noch breiter und legte den Kopf schief, erst auf die eine, dann auf die andere Seite. Hast du dir das gut überlegt? Auch wenn du ja sagst würden dir da einige widersprechen.

Ja., antwortete ich sofort, ohne zu zögern, ich hatte es mir gut überlegt, Sandy und Ayumi waren wohl keine Option, bei beiden war die Chance sehr gering, dass sie ihren Clan verlassen wollen würden, zu große emotionale Bindungen, und mit Mercutio hatte ich ansonsten am meisten Zeit verbracht, er hatte keinen Clan und er stellte mein Gegenteil da, gegenteilige Meinungen waren gut, aber meine Direktheit störte ihn auch nicht, das bevorzugte ich. Mich interessiert der Widerspruch nicht. Es gibt immerhin noch keine anderen Clanmitglieder.

Und ich wäre das erste. Es wäre auch mein... erstes Mal. Ich wackelte grinsend mit den Augenbrauen, während ich innerlich schnell und beinahe hecktisch nachdachte, ich war unsicher ob ich bereits dazu war mich einem Clan anzuschließen. Bindung war etwas was mir eben nicht so leicht fiel.

Das wäre es., stellte ich recht neutral fest, aber drängte nicht weiter nach, denn ich würde jede Entscheidung akzeptieren, doch Mercutio hatte noch nicht auf meine Frage geantwortet, weshalb ich ihn weiterhin anblinzelte und meinen Kopf leicht schief legte. Danbi sprang mit einem Maunzen auf, vom Couchstuhl auf meinen Schreibtisch, mit ihren kurzen Beinen musste sie aber über meinen Stuhl und somit über meinen Schoß, um auf den Tisch zu kommen, wo sie neugierig wieder in Richtung Mercutio schnupperte.

Kaum landete Danbi vor mir auf den Tisch, schon schnappte ich sie mir und hob sie auf meine Arme, um sie unterm Kinn zu kraulen. Ich schwieg eine ganze Weile, bis ich plötzlich wieder Victorine angrinste. Ja. Das war meine Antwort auf ihre Frage von vor einigen Minuten.

Tatsächlich fand sich auf meinem Gesicht auch ein schmales Lächeln wider, Danbi unterdessen ließ sich genüsslich kraulen, aber passenderweise, während ich es noch in den Aufzeichnungen des Clans vermerkte und es damit endgültig festhielt, meldete sich mein Handy. Ich las die Nachricht, mit zusammengezogenen Augenbrauen, denn sowohl die Art zu schreiben als auch die fehlende Großschreibung irritierte mich etwas. Bei mir gab es nur zwei Arten von Nachrichten, kurze die ausschließlich Informationen enthielten oder... modernere Briefe. Ich hielt mein Handy also hilfesuchend Mercutio hin. Wie... genau meint sie das mit dem Treffen?

Victorine war zufrieden und ich würde auch Tybalt bald mitteilen was nun passieren würde. Vorerst aber kraulte ich weiter Danbi und vergrub meine Nase in ihrem weichen Fell. Jedenfalls bis Victorine mir eine Nachricht von Ayumi zeigte und hoffnungslos überfordert wirkte. Ich laß sie kurz und begann dann wieder von einem Ohr zum andern zu grinsen. Sie fragt dich auf ein Date aus. Vermutlich war es nicht gar so direkt gemeint, Ayumi ging da schon vorsichtiger vor, aber... nun ja, das hatte ich jetzt gesagt. Ich nahm Victorine auch gleich ihr Handy ab und tippte mit einer Hand die Antwort an Ayumi.

Ein Date?, fragte ich nach und wurde noch blasser, als ich sowieso schon war, man musste wohl das Gefühl haben, man sah sich eine Wand an, eine frischgestrichene auch noch, aber damit konnte ich mich kaum beschäftigen, während ich meine beiden Hände geknüllt auf den Tisch fallen ließ. Aber ich bin doch überhaupt nicht vorbereitet. Ich habe keinen Wagen, oder Blumen, oder feinste Schokoladen..., flüsterte ich in mich hinein, während ich innerlich in purer Panik ausbrach. Ich ließ Mercutio einfach machen, so sehr war ich noch in der Horrorvorstellung gefangen ohne Auto ohne komplementäre Geschenke aufzutauchen. Ich kenne gar keine geeigneten Restaurants in der Gegend... und meine ganze schöne Kleidung liegt noch im Koffer. Ungebügelt.

Das Restaurant hab ich ausgesucht. Ich setzte Danbi wieder auf den Schreibtisch und ließ die Fingerknöchel knacken. Du kümmerst dich um deine Kleidung, ich um den Wagen. Und schon war ich auf meinem Weg aus dem Büro und auf gleich aus der Villa hinaus.