Erst eine Weile später wurde ich blinzelnd wach. Als erstes merkte ich, dass ich nicht mehr so eng an Sandy gekuschelt lag. Dann drehte ich mich um und sah ihn. Vollkommen entsetzt und tonlos schreiend sah er mich an. "Was ist...", setzte ich an, ehe ich bemerkte, dass ich nicht mehr in Katzengestalt da lag, "waaaah! Miau! Was zur Hölle, warum das denn jetzt? Miau!" Erschrocken sprang ich auf und sah an mir hinab. Warum ausgerechnet jetzt?!
Beschwichtigend hob ich die Hände und sah Sandy flehend an. "Bitte, lass es mich erklären, ich... Ich bin kein Perverser oder so, der sich in dein Zimmer geschlichen hat, Miau", setzre ich an. Wie immer zum Ende des Satzes hängte ich das Miau an und hob meine Hand, als wäre ich eine Katze, die ihre Pfote anhebt.

Mein Blick zuckte von der Hand des Mannes zu seinem Gesicht und wieder zurück, meine Brust hob und senkte sich in schnellen, flachen Atemzügen. Langsam hob ich meine Hände um zu deuten, doch sie zitterten dabei stark. Wer bist du? Wie kommst du hier rein? Was willst du von mir?

Es war deutlich zu sehen, dass er Angst hatte, was mir auch leid tat. Andererseits würde ich mich selbst sofort raus schmeißen, wäre ich an seiner Stelle.
"Ich... Ich bin Nahuel. Miau", stellte ich mich leise vor und machte exakt die gleiche Geste mit der Hand, "Ich will wirklich nichts böses von dir oder so. Miau. Um ehrlich zu sein... Bin ich die Katze, die du versorgt hast, Miau." Um es zu beweisen, verwandelte ich mich kurz in meine Katzengestalt und wieder verrückt. "Bitte lass mich erklären, bevor du mich raus wirfst, Miau", flehte ich noch einmal.

Meine Augen weiteten sich nur noch mehr bei seiner Erklärung und seiner Verwandlung. Er log offensichtlich nicht, doch das bedeutete, dass ich meine letzten zwei Schlafzyklen neben einem Mann verbracht hatte, den ich nicht kannte. Abgesehen davon, dass ich diesen gestreichelt und herum getragen hatte. Dann fiel mir aber noch etwas ein. Die Beschreibung die Melanie von dem Typen abgegeben hatte, der mich hierher gebracht hatte, stimmte ziemlich gut mit Nahuel hier zusammen. Und es war ja auch die selbe Katze gewesen, die ich auf der Wiese gefunden hatte, wie die, die plötzlich neben mir im Bett gelegen hatte. Hast du mich von der Wiese her getragen?

Ich beobachtete, wie sich seine Augen weiteten, während ich erklärte. Bestimmt würde er mich ziemlich bald raus werfen. Dann säße ich wieder auf der Straße. Allein. Das hatte ich mal wieder schön eingebrockt.
"Ja hab ich, Miau. Du bist auf einmal umgekippt und dich liegen lassen kam nicht in die Tüte, Miau", beantwortete ich seine Frage, "Es tut mir leid, dass ich dir was vor gemacht habe, Miau. Ich hatte Angst dass... Dass du mich hassen würdest, wenn du weißt, dass ich eigentlich keine Katze bin... Miau..." Schließlich wandte ich den Blick ab, hoffte, dass er mich wenigstens ein bisschen verstehen würde.

Ich bemühte mich redlich darum Fassung zu bewahren, denn nach Hilfe rufen konnte ich nicht und meine Fähigkeit einsetzen wollte ich nicht. Warum bist du hier geblieben? Mir fiel eben erst auf, dass er verstand was ich deutete. Eine angenehme Abwechslung, nachdem mich außer den Dienern und Ayumi hier kaum jemand verstehen konnte.

Mein Blick nahm einen traurigen Ausdruck an, als er diese Frage stellte. "Weil es hier schön war und ich dich bereits recht gern hab. Miau", gestand ich leise, "davon abgesehen... ich wollte das Gefühl, ein Heim zu haben, noch ein wenig länger ausnutzen. Miau." Schließlich sah ich wieder zur Seite, nur aus dem Augenwinkel beobachtete ich, was er deutete. Bestimmt sah er mich als so schlechten Menschen wie ich mich gerade fühlte.

Ich wurde etwas rot bei seinen Worten, denn so etwas bekam man nun auch nicht alle Tage von jemandem zu hören, den man nicht sehr lange kannte. Qarum hast du dich nicht einfach zu erkennen gegeben? Du hast mir geholfen, du hättest sicher auch länger hier bleiben können. Vielleicht könntest du sogar Teil des Clans werden.

Es war irgendwie niedlich, wie er schließlich leicht rot wurde. "Naja, bisher hab ich immer wieder das Gefühl bekommen, dass alle die Katze mögen. Aber nicht den Vampir dahinter, miau", gab ich ehrlich zu, "ich... hatte nicht den Mut, mich zu offenbaren. Miau." Davon abgesehen würde ich mich freuen, wenn du mich trotzdem noch zwischen den Ohren kraulst... Als er davon sprach, dass ich sogar Teil des Clans werden könnte, wurde ich hellhörig. "Teil des Clans? Was für ein Clan?", hakte ich interessiert nach. Das Clansystem hier war mir unbekannt.

Ich hatte mich nun wieder etwas beruhigt und der Sand, der sich langsam zwischen uns am Bett gesammelt hatte hielt inne. Wenn du dich nicht unheimlich in mein Bett legst kann ich dich sicher mögen. Es gibt hier in der Umgebung der Stadt einige Clans. Du bist hier beim SonnenClan[, zu dem gehöre ich. Unsere Anführerin... Ich korrigierte mich in meinen Zeichen. Unser Anführer heißt K-E-R-E-G-I und seine Stellvertreterin S-H-E-E-T-A.

Er wirkte ruhiger und da unser Gespräch so langsam eine normale Richtung annahm, beruhigte ich mich auch langsam und hörte ihm aufmerksam zu. "Das war nur ein Versehen. Miau. Normalerweise bin ich entweder in Katzengestalt oder so wie jetzt unterwegs. Miau. Manchmal verwandel ich mich aber aus Versehen im Schlaf, miau", gab ich ehrlich zu, auch wenn ich diese Tatsache hasste, "klingt interessant, das mit den Clans. Miau. Und wie ist das Leben im Clan so? Miau." Erneut hob ich eine Hand, als wäre diese meine Katzenpfote.

Ich nickte langsam, denn ich verstand das Problem durchaus. Es war vermutlich einfacher als Katze durchzukommen, vermutlich hatten ihn viele so gefüttert wie ich noch vor kurzem. Es ist... Ich weiß nicht genau wie ich es beschreiben soll. Es ist wie eine große Wohngemeinschaft mit einem Boss. Theoretisch. Ich war lange nicht wirklich Teil dieser Vampirgemeinschaft, sondern mehr bei den Dienern, das sind zu großen Teilen Menschen. Es gibt wie gesagt unseren Anführer, seine Frau und deren Stellvertreterin, aber da gab es in den letzten Jahren einige Probleme. Das sollte ich dir als noch Außenstehenden wohl eher nicht erzählen, sonst bekomme ich noch Ärger. Und, es tut mir leid, wenn dich die Frage ärgert oder so, ich bin einfach interessiert, warum sagst du nach jedem Satz Miau und bewegst deine Hand so? In meinem Blick lag wirklich nur reines Interesse, keine Verurteilung, ich wollte das nur gerne wissen, ich hatte ja selbst viele schräge Angewohnheiten und Probleme.

Seine Frage verärgerte mich nicht. Schon oft hatte mir jemand diese Frage gestellt und hatte genau das wissen wollen. Nur dass bei ihm keinerlei Abscheu oder Verachtung in der Stimme lag.
Ich wusste nicht genau, was ich zu der Tatsache sagen sollte, dass Sandy lange kein Teil der Gemeinschaft gewesen sei. "Das klingt interessant. Miau. Ich hab noch nie von diesen Clans gehört. Miau", gestand ich ehrlich. Seine Frage ließ mich leicht schlucken und ich überlegte, wie ich es erklären könnte. "Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, warum ich das mache. Miau. Es fing irgendwann an und hat sich bis heute gehalten, obwohl ich immer wieder versuche, mir das abzugewöhnen oder es zu unterdrücken. Miau", versuchte ich zu erklären, während es weiterhin nach jedem Satz so kam, "leider hat das keinen Erfolg, es kommt immer wieder. Miau. Dabei mag ich es selbst nicht. Miau. Und die Meisten nehmen mich dann nicht für voll oder lachen mich aus. Miau." Ein leiser Seufzer kam mir über die Lippen. "Noch ein Grund, warum ich mehr als Katze unterwegs bin. Miau. Wenn eine Katze Miau sagt, findet das nämlich keiner seltsam. Miau."
Der Sand am Boden zwischen uns war mir aufgefallen. Langsam trat ich näher und beäugte den Sand. "Kommt der Sand eigentlich von dir?", fragte ich neugierig.

Ich hörte Nahuel geduldig zu und passte diese Information in das Bild ein, das sich langsam in meinem Kopf von ihm formte. Ich verstehe. Ich finde dieses Miau am Ende eigentlich irgendwie... süß. Bei dem letzten Zeichen sah ich recht verlegen drein und hielt einige Momente die Hände still. Viele Leute haben Angewohnheiten, die nicht mit denen von anderen überein stimmen. Das Thema kam auf den Sand zu sprechen und ich wurde wieder etwas rot um die Nase. Ja, das ist meine Fähigkeit. Tut mir leid, der Sand reagiert wie ein Schutzmechanismus, wenn ich mich bedroht fühlte oder Angst habe.

Nun war ich derjenige, der verdattert drein sah und der nun errötete. Es war auch süß, wie verlegen er drein blickte nach dem Zeichen. "Du bist der Erste, der das süß findet, danke", meinte ich ehrlich und lächelte ihn dann erfreut an. Mit seinen Deutungen zum Thema Angewohnheiten hatte er dann auch absolut recht.
Leicht schüttelte ich den Kopf, während mein Schweif leicht hin und her ging, "Du brauchst dich nicht entschuldigen. Das ist richtig cool! Ich mag Sand und das erinnert mich richtig an den Strand", gab ich dann grinsend zu. Da hatte ich zwar eine eigenartige Vorliebe, aber seine Fähigkeit machte ihn in meinen Augen noch cooler als ohnehin schon.