(Waisenhaus -> Kirche)
Ich hatte mich hoffnungslos in der Stadt verirrt und hielt nun leise japsend bei der Kirche inne. Unruhig sah ich mich um und öffnete dann die schwere Tür. Drinnen war es dunkel, aber ich lief ein wenig unwirklich hektisch zu den Bänken. Dort rollte ich mich dann auf der Bank zusammen und drückte Balu fest an mich "Hier werden sie uns nicht finden", versprach ich und lächelte trotz meiner großen Angst. Irgendwann machte sich die Uhrzeit bemerkbar und ich schlief ein

Ich blieb vor der Kirche stehen. Ich erinnerte mich, wie ich damals mit meinen Brüdern aus dem Heim geflohen und durch die Straßen geirrt war - hungrig, müde..und irgendwann allein. In Erinnerungen versunken hatte ich die Augen geschlossen. Nun öffnete ich diese wieder und griff fester die Einkaufstüten an ihren Griffen, ehe ich leise die Türe der Kirche öffnete. Die Tüten stellte ich in einer Ecke des Vorraums ab, ehe ich den Kirchensaal betrat und in betender Form Gott huldigte. Dann schritt ich behutsam die Bänke entlang, welche noch leer waren - nun bis auf die eine kleine Person, welche dicht um ihren Kuscheltiger zusammen gerollt auf eine der Bänke lag. Amir.. Meine Stimme war leise, sanft, als ich behutsam in die Bankreihe glitt und mich neben den Jungen setzte. Sanft begann ich dann auf Hindi zu singen.

Im Traum sah ich meine Eltern über eine Wiese tanzen, lachend und singend. Und selbst als ich erwachte, hörte ich noch immer den Gesang. Verwundert blinzelte ich, bis die verschwommene Fläche Gestalt annahm. "Vasil..?", fragte ich leise und nahm den Tiger vor meinem Gesicht weg, damit ich besser sehen konnte

Ich neigte mein Gesicht zu Amir und stubste seine Nase sanft mit einem Finger an Gefunden.. Ich lächelte sanft und strich Amir dann sachte ein paar der wirren Strähnen aus dem Gesicht. Geht es dir gut?

Ich strahlte Vasil an hielt und seinen Finger dann fest, bevor er ihn wegziehen konnte. "Ich will nicht geschimpft werden..." , erklärte ich dann kummervoll und erzitterte leicht, als ich an die dürre Betreuerin dachte

Ich seufzte und fuhr dann sanft mit der freien Hand durch Amirs weiches Haar, welches dem meinen so ähnlich war Niemand wird dich schimpfen. Du hast nichts falsches getan. Dann sah ich einen Moment auf. Einem Wunderwerk Gottes darf man kein Leid zufügen. Raunte ich dann achtungsvoll. Immerhin befanden wir uns nach wie vor in einem Haus Gottes. Ich zögerte ehe ich Amir auf meinen Schoss zog und ihn sanft wiegte.

Ich zuckte bei der Berührung leicht zusammen "Aber die Betreuer sagen das doch immer...", widersprach ich leise, wobei meine Unterlippe leicht zitterte. Ängstlich drückte ich mich an ihn, als Vasil mich einfach auf seinen Schoß zog. Ich verstand das alles einfach nicht

Ich knurrte innerlich und drückte Amir dann einen sanften Kuss auf den Scheitel Weil sie das Wunder Gottes nicht sehen. Sie sehen nur das Geld, was sie damit verdienen, dass sie auf dich und die anderen Kinder aufpassen. Sie sehen aber nicht euch. Für die Betreuer seid ihr..nun nur ein lästiges Produkt.. Da es trotz des warmen Wetters draußen in der Kirche sehr frisch war, hoffte ich dass ich Amir einen Teil meiner Körperwärme abgeben konnte. Ich habe wie du früh meine Eltern verloren und lebte ebenfalls im Waisenhaus. Darum weiß ich, wie schwer es für dich sein muss. Dich jeden Tag aufs neue fremd zu fühlen, unverstanden und ..vor allem schlecht behandelt. Ich mochte nicht mitbekommen, was die Betreuer mit Amir machten, doch aus meiner Erfahrung wusste ich, dass in Indien die Betreuer nie gezögert hatten einen Rohrstock anzuwenden, wenn eines der Kinder nicht das tat was verlangt wurde. Kurz schloss ich bei der Erinnerung die Augen. Wie oft hatte ich wohl Schläge für das Fehlverhalten meiner Brüder abbekommen? Sanft nahm ich Amirs Gesicht in beide Hände und sah ihm fest in die Augen Lass dir niemals einreden, dass du fehlerhaft bist. Du bist so, wie Gott dich schuf und wie er dich liebt.

(aww *-*)

Aufmerksam und mit großen Augen sah ich Vasil an, während er mir das alles erzählte. Als ich an meine Eltern denken musste, drückte ich den Tiger fest an mich und vergrub das Gesicht in seinem Stoff. Auch erinnerte ich mich an die grausame Zeit, als ich erst von meinen anderen Eltern getrennt und dann auf See auch meine beiden türkischen Geschwister verloren hatte. Ich lehnte mich traurig weiter an Vasil und nuschelte dann leise: "Ich will nicht mehr zu den bösen Frauen... Ich will nach Hause", flüsterte ich mit bebender Stimme. Auch wenn ich mich bei Vasil immerhin mehr verstanden und zu Hause fühlte, als bei den vielen Kindern

Ich legte behutsam meine Arme um Amir. Das dürfte etwas schwer werden. In Indien herrschen viele Bürgerkriege. Und grade Kinder leiden unter diesen. Sei es dass sie verschleppt werden um im Ausland verkauft zu werden, oder aber sie landen in überfüllten Waisenhäusern. Auch wenn die europäische Welt durch viele dieser..Bollywood-Filme ein "Das Leben hier ist perfekt" Gefühl vermittelt bekommt. Sanft begann ich Amirs verstrubbeltes Haar zu ordnen Ich wollte dich heute besuchen kommen..als ich erfahren habe dass du weg gelaufen bist. Du erinnerst mich wirklich sehr an mich. Ich sah Amir weich an Ich habe..dank Gott einen Ort gefunden an dem ich mich überall auf der Welt Zuhause fühle. Erklärte ich und drückte Amir an mich. Wäre es so verwerflich diesem Knaben ein Zuhause zu geben? Sag mir Herr, wäre es nicht dein Wunsch dass es dem Jungen gut geht? Ich schmiegte mein Kinn leicht auf Amirs Scheitel, während ich diese Gedanken mit halb geschlossenen Augen hatte.

Ich zog ein bisschen den Kopf ein, als Vasil die vielen schlimmen Dinge aufzählte. "Aber ich muss doch meine Eltern finden...", erklärte ich beschämt. Doch so, wie er das beschrieb, konnte ich nicht wieder nach Hause. Traurig vergrub ich das Gesicht in seinem Hemd. Ich will hier bleiben... Bei Vasil und bei Gott...

Tief durchatmend strich ich Amir über den Rücken. Ich habe ein paar Freunde in den indischen Medien. Wenn..es für dich in Ordnung ist würde ich ein Foto von dir machen und ein paar Angaben zu dir aufnehmen und an diese Freunde senden. Ich bin mir sicher, wenn deine Eltern noch irgendwo in Indien sind, werden meine Freunde sie durch Aufrufe im indischen Fernsehen finden. Was meinst du hm? Es war zwar keine Garantie dass wir Amirs Eltern finden würden, aber zumindest war es ein kleiner Funke Hoffnung. Ich musste lächeln, als mir ein Lied aus dem Gottesdienst einfiel - welches gut dazu passte. Ich begann in sanftem Ton zu singen.

Ich riss erstaunt die Augen auf "Aber dann sehen mich doch alle Menschen!", meinte ich nervös und schüttelte den Kopf, bevor ich mich auf seinem Schoß umdrehte und seine Taille umarmte, "Ich will lieber bei dir bleiben..." Ich schmiegte mich wieder an seinen Bauch. Als er anfing zu singen, sah ich ihn mit großen Augen an "Du singst schön", stellte ich bewundernd fest, auch wenn ich den Text nicht verstand

Ich nickte verstehend. Sicher für ein Kind war es sicher ein unangenehmes Gefühl von vielen Fremden gesehen zu werden. Als Amir meine Taille umarmte strich ich ihm leicht über den Rücken. Das könnte etwas schwierig werden. Oft werden Kinder nur an Familien vermittelt..und nicht an einzelne Personen..schon gar nicht an allein lebende Männer. Und doch wollte ich es..ja ich wollte dass Amir bei mir blieb. Ich wollte nicht dass er die selbe Einsamkeit spüren musste, wie ich sie lange Zeit erlebt hatte. Als er meinen Gesang lobte musste ich lächeln Wenn ich Gottesdienste abhalte wird oft gesungen..und manchmal auch getanzt. Ganz im indischen Stile. Wenn ich wieder einmal Gottesdienst habe, nehme ich dich mit ja? Ich schloss einen Moment die Augen und nickte dann. Ich hatte einen Entschluss gefasst. Bei der Gemeinde, kann man Adoptionsanträge bekommen. Wollen wir zusammen einen holen und dann zum Waisenhaus? Dort muss ich die Papiere abgeben um dich mitnehmen zu können..denn sonst verstoße ich gegen das Gesetz..ich meine..nur wenn es für dich in Ordnung ist Amir.