Ich sprang sofort auf, als ich eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnahm. Und tatsächlich! Lory blinzelte! "Lory!", rief ich sofort hoffnungsvoll. "Kannst du mich hören?"

Doch nicht tot? Oder ist Sheeta auch ... nein ... Ich versuchte Luft zu holen. „Sheeta?", brachte ich schwach über meine Lippen.

Wieder strömten mir die Tränen über die Wangen. "Ja, ich bin hier!", versicherte ich ihr. Ich musste schniefen. "Ich hole schnell einen Arzt.", sagte ich und rannte hinaus in den Flur.
Wenige Augenblicke später kehrte ich mit einem Arzt im Schlepptau wieder zurück. "Bist du noch da?", fragte ich sie.

Ich hatte aufgegeben, irgendwas erkennen zu wollen und hatte die Augen wieder geschlossen. „So halb", nuschelte ich auf Sheetas Frage. Ich war so müde.

"Oh Gott...", flüsterte ich entsetzt. "Sie müssen ihr doch irgendwie helfen können!", flehte ich den Arzt an. Der seufzte allerdings nur und machte einen entschuldigenden Gesichtsausdruck. "Es tut mir Leid, aber wir haben bereits alles versucht. Es ist ein Wunder, dass sie überhaupt aufgewacht ist", sagte er. Ich wusste nicht ob ich heulen oder ihn schlagen sollte. Das alles machte mich unheimlich fertig. Und mit jeder Sekunde schwand eine Chance auf Heilung!
Ich raufte mir die Haare und tigerte wie eine Verrückte durch den Raum. Dann plötzlich blieb ich stehen. Mir war eine Idee gekommen. Eine, die mir nicht gefiel, aber die womöglich Lorys Leben retten würde. So ruhig wie möglich wandte ich mich wieder an den Arzt. "Was wenn...was, wenn ich sie verwandle? Würde sie dann überleben?", fragte ich vorsichtig. Ich hatte keine Ahnung, wie mein Gegenüber darauf reagieren würde. "Oh, sie sind ein...?", stellte er eine unvollendete Frage. Ich nickte nur. "Nun, ich schätze, es würde ihr Leben retten...aber sie muss ihr Einverständnis dazu geben", mutmaßte er. Dennoch klammerte ich mich an dieses bisschen Hoffnung wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm. Ich wollte Lory nicht verwandeln, absolut nicht. Das würde ihr gesamtes Leben auf den Kopf stellen. Zudem ich vorher noch nie jemanden verwandelt hatte. Aber wenn ich es nicht tun würde, hätte sie gar kein Leben mehr. Mit mir selbst ringend wandte ich mich schließlich an meine beste Freundin.
"Lory, willst du...dass ich dich verwandele?", fragte ich ganz zaghaft. "Nur so könnte ich dein Leben retten..."

„Ich kann dich doch nicht alleine lassen." Meine Stimme klang so schwach. Mühsam öffnete ich meine Augen und versuchte mich auf Sheeta zu fokussieren. „Tu es."

Ich musste wieder anfangen zu weinen, als sie einwilligte. Halb vor Trauer, halb vor Freude. "Ich werde dich auch nicht allein lassen!", versprach ich ihr. Dann wandte sich jedoch wieder der Arzt an mich. "Halt! Sie können sie nicht einfach so verwandeln! Sie muss ein Formular unterzeichnen!", sagte er bestimmt. Ich sah ihn entgeistert an. "Sieht sie aus, als wäre sie in der Verfassung, einen Stift auch nur zu halten?!", fuhr ich ihn an. Mein Augen funkelten gefährlich. "Sie waren dabei, als sie zugestimmt hat! Das muss reichen!", sagte ich.
Der Arzt wirkte weiterhin untentschlossen, schien mein Argument dann aber einzusehen. "Haben...sie das schonmal...gemacht?", fragte er dann ein wenig verunsichert. "Nein", gab ich nach einer Pause zu. "Aber ich werde es trotzdem tun. Ich kann sie nicht sterben lassen.", sagte ich mit überraschend fester Stimme. Der Arzt atmete einmal tief durch. "In Ordnung. Ich bürge für sie. Retten sie ihre Freundin."
Langsam ging ich wieder auf Lory zu, die offensichtlich nicht mehr lange leben würde. "Bist du bereit?", fragte ich vorsichtig und strich ihr behutsam über die Stirn. Sie fühlte sich ganz kalt an.

Mein Blick war weiter auf Sheeta gerichtet. Meine einzige Handlung bestand darin, dass ich meinen Kopf neigte und ihr meine Kehle darbot.

Ihre offensichtliche Einladung war nicht zu übersehen. Ich holte ein paar Mal tief Luft, während ich spürte, wie meine Augen rot und meine Eckzähne länger wurden. Ich hatte Menschen zuvor gebissen, ohne sie zu verwandeln, also konzentrierte ich mich jetzt darauf, eine Verwandlung herbeizuführen. Ich beugte mich über sie und verharrte einen Momen tüber ihrer dargebotenen Kehle. Mein unregelmäßiger Atem sorgte dafür, dass sich die Härchen auf Lorys Haut aufstellten.
Ich schloss die Augen und biss zu. Ganz sanft und so vorsichtig wie möglich, um es so schmerzfrei für sie zu machen, wie es eben ging. Sofort strömte ihr Blut in meinen Mund und ließ mir eine Gänsehaut über den Rücken huschen. Ihr Blut war so heiß und süß... Einen Augenblick lang trank ich von ihrem Blut, dann löste ich mich wieder vorsichtig von ihr. Ich leckte noch einmal über die Wunde, um sie zu verschließen. Dann nahm ich wieder Lorys Hand. Noch immer waren meine Augen rot und meine Zähne verlängert und der Arzt am anderen Ende des Raumes schien ebenso verstört wie fasziniert zu sein, doch das war mir im Moment alles egal. Alles, was zählte, war meine beste Freundin.

Sheeta biss so vorsichtig zu, es tat kaum weh. Aber das Feuer, welches dann durch meinen Körper fegte, war das Heftigste, was ich je gespürt hatte. Augen aufreißend bäumte sich mein Körper auf.

Ich wusste, wie eine Verwandlung ablief. Ich war schon einmal dabei gewesen. Als sie sich aufbäumte drückte ich sie sanft, aber dennoch bestimmt zurück in die Matratze. "Ich weiß, dass es weh tut...", flüsterte ich. "Es ist gleich vorbei..."

Ich hatte keine Ahnung, wie lange es dauerte, aber schließlich hörte es auf und ließ ein anderes Gefühl zurück. Meine Kehle war trocken. Ich hatte Durst. „Durst", sagte ich leise. Das Gefühl zu ersticken war weg und im allgemeinen fühlte ich mich etwas besser.

Ich ließ sie nicht los, denn ich wusste, dass sie sonst den erstebesten anfallen würde. In diesem Fall der Arzt. "Bitte holen sie ein paar Blutbeutel. Und beeilen sie sich", bat ich den Mann. Er nickte und verschwand für einige Minuten. "Dir geht es gleich besser", versicherte ich Lory, deren Augen langsam rot wurden. Es war merkwürdig, meine Freundin so zu sehen.
Schließlich kehrte der Arzt mit fünf Blutbeuteln zurück. Er gab mir einen davon und legte die anderen aufs Nachbarbett, ehe er wieder seine zuvorige Pistion am anderen Ende des Zimmers einnahm. Ich öffnete den ersten Beutel und reichte ihn Lory. "Hier. Lass dir Zeit damit. Sei nicht zu hektisch", wies ich sie an.

Ich roch das Blut und schlagartig war der Durst noch viel heftiger. Mit zitternden Fingern griff ich nach dem Blutbeutel und führte ihn zu meinem Mund. Um besser trinken zu können, richtete ich mich ein wenig auf. Als die ersten Tropfen in meinem Mund landeten, stöhnte ich genussvoll auf und trank weiter. Sheetas Worte nahm ich gar nicht richtig wahr.

Sanft strich ich ihr wieder über die Stirn, während sie gierig den Beutel leerte. "Langsam...", flüsterte ich ihr immer wieder zu.