Mein Amüsement verschwand wieder und mein Gesichtsausdruck wurde ernster, wobei ich auch meine Augenbrauen nachdenklich zusammen zog. Das ist natürlich weniger schön, die Arme. Wenn sie ihn wirklich gekannt hat muss das ein unangenehmer Schlag gewesen sein.

Sandy hatte natürlich recht, es ergab auch Sinn, aber es viel mir einfach so extrem schwer Empathie zu zeigen, besonders bei solchen Dingen, die oft auch gar nicht so einfach einzuschätzen waren. Ich sah zu Sandy etwas auf, nun auf seine Stirn, während ich leise meinte, Ich... wusste nicht wirklich, was ich ihr gegenüber noch dazu sagen sollte.

Ich fürchte du kannst da nicht viel sagen, A ist recht empfindlich, wenn es um jemanden geht, der einfach verschwindet. Ich war damals schließlich live dabei gewesen bei all dem Mist, den Keregi abgezogen hatte und dann auch noch nach Kaitos verschwinden... nun, Ayumi hatte das nicht gut verkraftet. Jetzt war Kaito aber immerhin wieder da und wollte mit seiner Schwester wieder Kontakt aufnehmen, ich war sicher, dass das für beide gut war. Ich sah nachdenklich drein und blickte dabei auf meine eigenen
Knie hinab.

Vorsichtig nickte ich, ich würde wohl noch herausfinden müssen, wie das war, aber generell alles daran mit jemandem auf Dates zu gehen machte mich nervös. Es fiel mir schon schwer genug mit anderen zu sprechen, aber die Erwartungen, die ein Date mit sich brachte, waren zumindest in meiner Erfahrung nach noch einmal deutlich höher. Dann kennst du Ayumi sehr gut?, fragte ich schließlich nach, was genau die Beziehung zwischen den beiden war, davon abgesehen, dass sie aus demselben Clan waren, wusste ich immerhin noch nicht.

Ziemlich, wir sind zusammen aufgewachsen, sie ist für mich ein bisschen wie die kleine Schwester, die ich nie hatte. Soweit ich das wusste war ich immerhin ein Einzelkind, auch wenn es durchaus möglich war, dass meine Eltern wer und wo auch immer sie waren, noch ein Kind bekommen hatten, doch das hielt ich für sehr unwahrscheinlich.

Wieder wusste ich nicht wirklich, was ich dazu sagen sollte, also nickte ich einfach, ich hatte so noch nie empfunden, um ehrlich zu sein war ich auch ganz froh ein Einzelkind zu sein, nachdem meine Mutter so kurz nach meiner Geburt gestorben war, hätte ich allerdings sowieso nur Halbgeschwister haben können. Es war allerdings durchaus vorteilhaft, wenn Sandy Ayumi so gut kannte, zumindest vermutete ich das. Ich habe auch keine Geschwister., sagte ich schließlich.

Aufmerksam sah ich Victorine an und legte fragend den Kopf etwas schief. Hättest du gerne welche gehabt? Mein Wissen über ihre Vergangenheit war noch recht bedürftig, aber natürlich interessierte es mich sehr.

Ich schüttelte den Kopf. Meine Mutter ist nach meiner Geburt gestorben und mein Vater hatte nie eine neue Partnerin., erklärte ich meine Situation sehr neutral, ohne irgendwelche Gefühle auf meinem Gesicht oder in meiner Stimme zu verraten, ganz davon abgesehen, dass es mir bereits schwer gefallen war, die Beziehung mit meinem Vater sinnvoll zu unterhalten, mit noch mehr Personen auskommen zu müssen, erschien mir schrecklich.

Verstehe. Ich nickte nachdenklich und legte ein Bein über das andere, um die Ellenbögen darauf zu stützen, allerdings so, dass ich nich weiter deuten konnte. Ich weiß nicht was mit meinen Eltern passiert ist, aber ich bezweifle, dasss sie, zumindest gemeinsam, noch ein Kind gekriegt haben.

Du vermutest es?, fragte ich nach, denn es machte auf mich nicht dein Eindruck, als ob Sandy das wirklich wissen würde. Ich wusste nicht wirklich, wie ich das sagen sollte, aber es konnte nicht einfach sein, so wenig über seine Eltern zu wissen. Ich hatte bereits offensichtlich nicht alles gewusst und ich fragte mich immer wieder, ob es nicht einfach meine Schuld gewesen war. Meine Art war nicht besonders einfach, meistens störte mich das auch nicht, schon gar nicht auf der Arbeit, aber bei meiner Familie? Bei Freunden wie Sandy?

Soweit ich weiß hat niemand eine Ahnung wer sie sind, ich mag das Wort Findelkind dafür lieber als einfach Waise. Mein Blick war nachdenklich, aber ich zuckte trotzdem mit den Schultern. Früher hatte ich viel darüber nachgedacht was wohl passiert sein mochte, aber jetzt nicht mehr. Es gab keine Spuren, keine Nachricht, Nichts. Was auch immer damals passiert war, niemand konnte mir sagen was es gewesen war. Mein heutiger Commandant hat mich damals gefunden, deshalb finde ich das passender.

Aber du wurdest als Vampir geboren?, fragte ich mit einem nachdenklichen Blick, bevor ich den Kopf schüttelte, es war manchmal wohl besse auch seine unsterblichen Eltern nicht kennenzulernen. Du hattest erzählt, deshalb wolltest du Polizist werden. Es ergibt Sinn. Ich nickte und sah dann zur Tür, bevor ich Sandy fragend ansah, wie um zu fragen, ob wir wieder nach unten wollten.

Ziemlich sicher, mit einem halben Jahr war ich jedenfalls schon einer. Eine Verwandlung in diesem Alter hätte ich kaum überlebt, weshalb die Annahme nahe lag, dass ich bereits als Vampir geboren worden war. Ja, genau, deshalb war das immer schon mein Plan. Ich lächelte und fing dann Victorines stummes Zeichen auf, woraufhin ich selbst auch zur Tür sah und den Kopf etwas schief legte. Wollen wir runter gehen?

Etwas unsicher nickte ich und trat wieder an Sandy heran, ich sah ihn nicht direkt an, eher noch ein Stück weiter weg, gar nicht auf seinem Gesicht, stattdessen hatte ich meinen Blick fest auf eine Schulter fixiert. Ich hob einen Finger an, wie als ob ich sagen wollte, dass ich vorher allerdings noch etwas zu erledigen hatte. Denn ich wusste nicht, wie ich das, was ich fühlte, auch auf seine Erzählung hin, am besten in Worte verarbeiteten sollte. Also trat ich einfach an ihn heran und legte vorsichtig einen Arm um ihn herum. Er hatte es das letzte Mal sehr gemocht, als ich ihn umarmt hatte, also hoffte ich zumindest das tun zu können.

Ich war von Victorines plötzlicher Aktion recht überrascht, was mir rückblickend vor Augen führte wie wenig gewohnt ich es mittlerweile war einfach von jemandem umarmt zu werden. Kaito war eine sehr berührungsbedürftige Person, was ich extrem genoss, aber wir waren vermutlich noch nicht lange genug wieder in Kontakt, dass ich mich an so etwas gewöhnt haben könnte. Ich war also für einen Moment wirklich verwirrt, doch schlang dann selbst rasch meine Arme um Victorine und atmete wieder auf, vielleicht etwas zu zittrig, aber auf jeden Fall dankbar. Ich hatte nicht einmal mehr bemerkt wie dringend ich eine Umarmung gebraucht hatte.